Viele Köstlichkeiten nicht erreichbar
In den Nachkriegsjahren waren die heute alltäglichen Südfrüchte sehr rar
Auch den Nikolausmarkt gab es damals noch nicht. Er entstand erst nach der Gründung des Förder- und Werbevereins und diese wiederum war eine Trotzreaktion auf den Abzug vieler zentraler Behörden aus Vilsbiburg im Zuge der Landkreisreform des Jahres 1972. Aber nicht nur der Basar um den Tag des Heiligen aus Myra ist in dieser Zeit entstanden, auch viele andere Attraktionen, die Vilsbiburg schließlich zum Mittelzentrum machten. So bewahrheitet sich wieder die alte Volksweisheit, dass es selten einen Schaden gäbe, der nicht auch mit einem Nutzen verbunden wäre.
Auf die Bratwurst-, Geschenke- und Glühweinmeile am Stadtplatz mussten also die Menschen der Nachkriegszeit verzichten. Aber wahrscheinlich stand ihnen damals der Sinn auch gar nicht nach solchen Events. Es galt vor allem die Grundversorgung zu sichern und als höchste der Errungenschaften vielleicht ein etwas hochwertigeres Festmahl für Weihnachten zu organisieren. Selbst gestrickte warme Socken unter dem Christbaum, heute vielleicht der Gipfel der Beleidigung, waren damals eine gern gesehene Weihnachtsgabe und wenn dann noch eine Tüte mit Äpfeln, Nüssen, Orangen und einer Tafel Schokolade dabei stand, war der Heilige Abend schon gerettet.
Das Nötigste für den Festtagstisch besorgten sich die Leute nicht auf der „grünen Wiese“ weit vor den Toren der Stadt, sondern in den kleinen Läden rund im Stadtzentrum, bei Martin Schmeisser, oder in den Geschäften von Knaus, Thalhammer oder Stein. Für Obst, Gemüse und Südfrüchte, also auch die begehrten Navelorangen, gab es einen speziellen Anbieter direkt am Stadttor. Es waren Martha und Paul Bernard, die sich hier nach ihrer Vertreibung aus Schlesien mit eher provisorischen Mitteln eine neue Existenz aufgebaut hatten. Der Gemüsestand, den es noch bis weit in die 1950er Jahre gab, ehe die Bernards in der Oberen Stadt einen richtigen Laden bezogen, versperrte zwar den Blick in den idyllischen Spitalgarten, dafür genoss man schon beim Vorbeigehen den verführerischen Duft der begehrten Köstlichkeiten und seine Illumination erzeugte zusammen mit dem Lichterbaum und den wenigen Zentimetern Neuschnee die typische Weihnachtsstimmung.
Die Advents- und Weihnachtszeit ist ja auch ein Fest des Schauens. Und als Futter für die Augen bot der Obst- und Gemüsestand am Stadttor eine ganze Menge ? ohne, dass man auch nur einen Pfennig ausgeben musste. Eine Fülle weiterer Impressionen aus den schwierigen Jahren des Neubeginns und des hoffnungsvollen Wiederaufbau nach dem letzten Krieg bietet die aktuelle Sonderausstellung im Heimatmuseum, die natürlich auch am Nikolausmarkt geöffnet ist.