Hafner gab es auch in Vilsbiburg

Ihre Betriebe befanden sich jedoch außerhalb des geschlossenen Ortskerns

 

Vilsbiburg. Natürlich spielen die Hafner auf dem Kröning und an der Bina mit weit über 100 Werkstätten, wie man heute sagen würde, in einer anderen Liga als ihre Vilsbiburger Kollegen. Sie liefern ihre Produkte in das weite Gebiet von der Oberpfalz bis Südtirol und von Augsburg bis Linz. Auch die Haupt- und Residenzstadt München wird mit Kröninger Ware geradezu überschwemmt. Selbstverständlich kommen sie mit ihren Greinzenwägen auch zu den zahlreichen Märkten in Vilsbiburg. Und doch haben auch in dem zentralen Ort an der Vils einige Hafner ihr Auskommen. Sie sind außerhalb des Zentrums angesiedelt, wahrscheinlich wegen der Feuersgefahr, die von ihren Brennöfen ausgeht. In den heute mit den Hausnummern 18 und 33 in der Oberen Stadt bezeichneten Anwesen drehen sich einst die Hafnerscheiben und möglicherweise befindet sich auch im Bereich des heutigen Kirchenwegs 1 eine Werkstätte. Um dies mit Gewissheit behaupten zu können, müssen allerdings archäologische Befunde noch genauer ausgewertet werden.

 

Obere Stadt 18

 

Es gibt zwischen den Vilsbiburger Hafnern und ihren Kollegen aus dem Kröning und an der Bina mannigfache Kontakte, schon allein verwandtschaftlicher Art. Lambert Grasmann hat bereits im Jahr 1975 in einem Aufsatz für den ?Strochenturm? wichtige Nachweise festgehalten. Danach ist im Jahr 1459 der erste Handwerker dieser Art in Vilsbiburg nachzuweisen. Er heißt Ulrich Hafner und stiftet zwölf Messen zur Kirche in Jesendorf. In welchem Anwesen dieser Meister genau seine Produkte herstellt, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Zweifelsfrei ist jedoch, dass im Jahr 1840 der Hafner Johann Nepomuk Auer für 2.000 Gulden das Anwesen Nr. 81 ½ in Vilsbiburg (heute Obere Stadt 18) erwirbt und von der Gemeinde die Genehmigung zum Bau eines Brennofens erhält. Auch vier seiner Söhne arbeiten in dem Betrieb, ehe der im Jahr 1853 in Eggenöd in der heutigen Gemeinde Kröning geborene Rupert Haslinger auf das Anwesen kommt. Auch sein Sohn gleichen Vornamens führt die Hafnerei noch bis etwa zum Ende des I. Weltkrieges weiter. Als zu dieser Zeit der Niedergang des traditionsreichen Handwerks unübersehbar wird, erweist sich Rupert Haslinger als sehr flexibel und ergreift den Beruf eines Bäckers. Die Ehefrau des Sattlers Hans Berger betreibt noch bis etwa 1930 im Anwesen Obere Stadt 18 einen Geschirrladen. Die Ware bezieht sie auch vom letzten noch arbeitenden Hafner im Kröning, nämlich Sebastian Eder aus Jesendorf.

 

Obere Stadt 33

 

An der Abzweigung zur Landstraße nach Seyboldsdorf ist bereits im Jahr 1645 ein Hafner Martin Maister nachgewiesen, der hier fast 40 Jahre seinem Beruf nachgeht. Auch sein Sohn  und der Enkel, Matthias und Christoph Maister folgen dem Ahnen in der Werkstatt nach. Im Jahr 1808 wird das Anwesen so beschrieben: ?Halbgemauerte und halbhölzerne Behausung ? mit Hausgarten und Gemeindeteilen (1/4 Tagwerk Loh und 1 Tagwerk Wald?. Schon im Jahr 1830 geht die Herstellung von Geschirr in diesem Anwesen zu Ende. Zu dieser Zeit übernimmt dies der Melber (Mehlhändler) Johann Veit, später betreiben der Kaufmann Josef Neuhofer und seine Tochter Franziska dort ein Einzelhandelsgeschäft.

 

Der Geschirr- und Kachelmodelfund

 

In der Werkstatt in dem Anwesen Obere Stadt 33 werden neben Geschirr auch zum großen Teil Ofenkacheln hergestellt. Dies beweist ein größerer Fund, der bei einer Baumaßnahme im Jahr 1958 geborgen werden kann. Cornelia Renner inventarisiert die wertvollen Funde aus dem 17. und 18. Jahrhundert und beschreibt sie in dem zu der Sonderausstellung im Heimatmuseum erschienenen Begleitbuch. Zur Buchbestellung Dabei sind 74 Ofenkacheln oder Fragmente davon sowie die zur Herstellung notwendigen Model zusammengekommen, ferner rund 30 Schüsseln, Töpfe und Kannen. Obwohl die Formen erkennbar nicht ganz an die Eleganz der Kröninger Ware heran reichen, erzählen sie doch ein wichtiges Kapitel der Heimatgeschichte. Und vor allem unterstreicht der Nachweis von Hafnerwerkstätten die Bedeutung des Handwerks in dem zentralen Ort Vilsbiburg an der Durchgangsstraße von Landshut nach Burghausen.

Der Model zur Herstellung von Ofenkacheln aus der Werkstatt Obere Stadt 33 (links) zeigt eine Allegorie für den Frühling. Dargestellt ist eine Dame mit Palmenzweig und Sonnenblume. Der Abguss rechts stammt von Hans Gräber. (Foto: Cornelia Renner)
Die Hafnerei von Rupert Haslinger in der heutigen Oberen Stadt 18 im Jahr 1909. Im Schaufenster rechts ist deutlich die Irdenware zu sehen. (Fotos: Archiv Heimatmuseum Vilsbiburg)
Als das spätere Neuhofer-Anwesen in der Oberen Stadt 33 um das Jahr 1900 fotografiert wurde, war in die ehemalige Hafnerei bereits eine Mehlhandlung eingezogen.