Rauf auf`s Radl!

Im Museumsfenster des Heimatvereins am Stadtplatz kann man zur Zeit ein abenteuerlich aussehendes Hochrad aus dem Jahr 1882 bewundern.

„Rauf auf`s Radl“ war dabei durchaus wörtlich zu nehmen, schon das Aufsteigen auf solch ein Hochrad erforderte akrobatische Leistungen, unfreiwilliges „Absteigen“, vor allem der gefürchtete „Kopfsturz“ über den Lenker hinweg, war nicht selten. Trotzdem waren die Räder beliebt. Vom Hochrad wurden in der kurzen Spanne zwischen 1870 und 1890 ca. 200000 Exemplare hergestellt. Auch Fahrradvereine entstanden, wie viele Fotos im Archiv des Heimatvereins zeigen.

Auch in Vilsbiburg hatten sich Fahrradhändler etabliert, einer von ihnen war Ludwig Huber aus der Oberen Stadt, der spätere Autohändler „OPEL Huber“, bei dem schon 1882 ein englisches Sportrad, allerdings für viel Geld, zu bekommen war. Das Rad diente lange Zeit noch als Ausstellungsstück und wurde auch auf Festumzügen gezeigt. Exakt dieses Gefährt, heute restauriert und im Besitz von Peter Perzl, zeigt das Heimatmuseum in seinem „Museumsfenster“ am Stadtplatz, zusammen mit einigen weiteren Erfindungen rund ums Fahrrad sowie alten Fotos von Fahrradgruppen aus dem umfangreichen Fotoarchiv des Museums.

Sommer ist Radlzeit. Viele schwingen sich auf Fahrrad, zunehmend unterstützt von Akkukraft. Dabei wird ganz vergessen, welch bahnbrechende Erfindung das Fahrrad einmal war, welche Entwicklung dieses Fortbewegungsmittel hinter sich hat und auch welche sozialen Auswirkungen damit verbunden waren. Vor allem seit dem 19.Jahrhundert gab es eine Vielzahl von Erfindungen rund um das „Velociped“, wie es bald genannt wurde. Vom Laufrad über das Hochrad, das niedere Sicherheitsrad bis hin zu unseren heutigen, oftmals gefederten und natürlich mit luftgefüllten Reifen dahinrollenden Rädern, häufig mitangetrieben von leistungsstarken Akkus – die Versuche das Fahrrad technisch zu verbessern, sicherer oder bequemer zu machen, sind zahllos.

Dass sich mit dem Fahrrad auch die schnellere Fortbewegung demokratisierte – auch wer sich keine Kutsche oder kein Pferd leisten konnte, kam nun schneller als zu Fuß voran – sich auch weiter entfernt liegende Arbeitsstätten erreichen ließen, Verkehrswege ausgebaut wurden und auch die Emanzipation der Frauen vorankam, sind nur einige der tiefgreifenden Wirkungen dieses Verkehrsmittels.

Schon früh wurde das Fahrrad auch als Sportgerät genutzt. Vor allem die Hochräder, meist mit schmalen Vollgummireifen auf Stahlfelgen, wurden schon um 1875 als Sportgeräte konstruiert – gefährlich waren diese allemal. So schrieb eine Zeitung aus Graz 1896: „Niemand wage sich auf dem Zweirad in belebte Straßen, der nicht vollkommen geübt ist, leicht und blitzschnell in jedem Augenblick abzuspringen. Diese Regel sei besonders Leuten empfohlen, die nicht viel Geistesgegenwart haben, vor allem aber Nervösen . […] 

Heute ist das Fahrradfahren um vieles leichter, sicherer und bequemer geworden, doch auch heute noch gilt die zweite Regel des Grazer Tagblatt von 1896: „ […] Fahre nicht zu schnell. Ein im Schuß befindliches Fahrrad ist zuweilen schwer zu bändigen, zumal da die Bremse oft versagt. […]“

„Rauf auf`s Radl“- und vielleicht einmal am Museumsfenster rechtzeitig bremsen und staunen …

Abbildung 1: Blick in das aktuelle Schaufenster des Heimatmuseums (AHV)

Abbildung 2: Fotos aus dem Archiv des Heimatmuseums ergänzen das Schauobjekt