Die Wohnung im Stadtturm Vilsbiburg
im geschichtlichen Wandel

Landessieger beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten!

Mit einer Forschungsarbeit und Multimediapräsentation über den Vilsbiburger Stadtturm und die historischen Türmer haben 17 Schülerinnen und Schüler der Klasse 7c/8c der Mittelschule Vilsbiburg mit ihrer Lehrerin Birgit Buchner die Jury der Körber-Stiftung überzeugt: Unter 52 Wettbewerbsbeiträgen mit 424 Teilnehmenden hat die Klasse den bayerischen Landessieg errungen. Betreut wurden die jungen Forscherinnen und Forscher durch Museumsmitarbeiter Rudolf Stadlöder; der langjährige Museumsleiter Lambert Grasmann und die Enkelin der letzten Vilsbiburger Türmerin, Roswitha Niedermeier-Müller, trugen mit ihren Auskünften zum Erfolg bei. Sehen Sie hier den Siegerbeitrag:“

Inhalt

1 Landesieger – aller Schularten – Maximilianeum München – 19.10.2023

2 Die Wohnung im Stadtturm Vilsbiburg im geschichtlichen Wandel

https://lapinvoyageur.de/wp-content/uploads/2020/03/20200302_161717613151643-scaled.jpg
Glockenschlag: eigene Aufnahme vom 28.01.2023

3 Die Lage Vilsbiburgs

  • Vilsbiburg ([fɪlsˈbiːbʊʁk], regional auch Vib [fɪb]) ist eine
    bayerische Stadt im niederbayerischen Landkreis
    Landshut. Sie erhielt ihren Namen vom Fluss Große Vils,
    der sie durchfließt.
  • Erstmals wird der Ort zwischen 990 und 1000 als Pipurch
    erwähnt, vor 1253 als Vilspiburch. „Biburg“ ist eine alte
    häufig vorkommende Bezeichnung für „umwallte Burg“,
    dieser Bezeichnung wurde später – zur Unterscheidung
    von anderen ähnlich benannten Anlagen – der
    Flussname „Vils“ hinzugesetzt.
  • Derzeit sind es 12500 Einwohner (Stand 6. Juni 2022),
    Tendenz steigend.
  • https://www.vilsbiburg.de/Geschichte.n29.html

4 Die Lage der Schule und des Turms

  • Man vermutet, dass der Stadtturm als Teil der Marktbefestigung im 15. Jahrhundert erbaut wurde.
  • Grund: Die älteste im Turm hängende Glocke ist von 1540. Beide Turmglocken überlebten die Weltkriege.
  • Um genauer sagen zu können, wann der Turm entstand, ließ die Stadt das Fälldatum der Bäume von den Holzbalken bestimmen. Ein Balken im 3. Obergeschoss stammt aus 1592.
  • 1695 entstand eine zusätzliche „Kammer zur Wohnung“ des Turmwächters

https://www.vilsbiburg.de/Vilsbiburg-Eine-Wittelsbacher-
Stadtgruendung-Peter-Kaeser.o15180.html

Dendrochronologische Untersuchung – Archiv Heimatmuseum

5 Die Zimmer im Stadtturm Vilsbiburg

  • Das Plumpsklo befindet sich in der Etage des blauen Pfeils,allerdings auf der anderen Seite des Turms. Das Gefängnis und der Holzlagerplatz befinden sich auch auf dieser Etage.
  • Das Zimmer für den Auszubildenden auf der nächsten Etage -lila Pfeil.
  • Die Türmerstube, das Schlafzimmer und die Kochstelle -grüner Pfeil.
  • Der zweistöckige Dachboden, wo das Uhrwerk und die Gewichte stehen – gelber Pfeil.
  • Dann geht es nur noch mit Sprossenleitern hoch bis zu den Glocken, direkt unter der Kuppel – brauner Pfeil. Hier durfte aus Sicherheitsgründen nur 1 Schüler rauf.

Die Wohnung wurde 1977 komplett renoviert. Es gibt nur sehr
wenige Fotos wie es vor der Sanierung ausgesehen hat.

6 Das Plumpsklo

  • Damals hatten die meisten Leute ein Plumpsklo.
  • Das Plumpsklo wurde je nach Bedarf geleert
    und der Inhalt im Garten vergraben.
  • Das Plumpsklo gibt es nicht mehr.
  • Die Toilette war 2 Treppen unter der
    Türmerwohnung, auf Höhe des Eingangs
eigene Aufnahme: Frau Niedermeier-Müller bei der Turmbegehung

7 Die Türmerstube mit Schlafzimmer

  • Die Türmerstube ist der größte Raum.
  • In der Türmerstube befanden sich zwei Fenster mit Blick
    zum Stadtplatz.
  • Vor der Stube befand sich früher eine offene Kochstelle.
    Dazu später mehr.
  • Später war die Kochstelle in der Stube.
  • Das Schlafzimmer für „Oma und ich“ ist ein eigener Raum,
    den man über die Stube erreicht, gelber Pfeil.
Skizze von Frau Niedermeier-Müller
abfotografiert aus Unterlagen Herr Grasmann

8 Der Dachboden

  • Auf dem ersten Dachboden befindetsich das alte Uhrwerk, außer Betrieb.
  • Dann kann man auf einer steilen
    Treppe nochmal raufgehen. Da sind
    dann die Gewichte der Uhr.
  • Ab hier sind es keine Treppen mehr,
    sondern Sprossen. Oben hängen die
    Glocken.
  • Auf dem Balken ist die
    Verbindungswelle zu den
    Ziffernblättern der Uhr befestigt.
  • Durch das hier zu sehende Loch ging
    das Seil der Feuerglocke durch, gelber
    Pfeil.

9 Das Zimmer des Auszubildenden

  • Das Zimmer des Auszubildenden wurde
  • erst später errichtet -1695.
  • Die letzte Türmerin hatte wahrscheinlich
    keine Ausbildung, sondern bekam nur
    eine Einweisung.
  • Der Geselle schlief nicht im gleichen
    Geschoss wie der Türmer oder die
    Türmerfamilie.
  • Das Zimmer liegt zwischen den Treppen
    der Türmerwohnung und dem Plumpsklo.

Aufzeichnungen Lambert Grasmann

eigene Aufnahme

10 Der Stadtturm war mehr als eine Wohnung für den Türmer

Das Gefängniszimmer, später Übernachtungsmöglichkeit für Durchreisende und Obdachlose

Der Markt Vilsbiburg hatte „die Niedere Gerichtbarkeit“, also wurden nur geringe Straftaten verhandelt.

  • Beleidigungen
  • ehrenrühriges Verspotten
  • Raufereien
  • Verstöße gegen die Feuersicherheit
  • Alkohol-Exzesse
  • Brennen von offenem Licht über die Sperrstunde hinaus

Als Strafe kam entweder die Halsgeige in Frage oder „Turmstrafe“. Eingangstür Gefängniszimmer, gelber Pfeil

eigene Aufnahme
eigene Aufnahme, im Stadtturm Vilsbiburg
eigene Aufnahme, im Stadtturm Vilsbiburg

11 Das Gefängnis im Stadtturm Vilsbiburg

  • Am 14. Juni 1660 bekam jemand 2 Stunden „Geigenstrafe“, weil man betrunken – „bezechterweiß“ – Streit angefangen hat. Eine Frau bekam als Strafe „2 Stunden Halsgeige“, weil sie betrunken war und nach der Sperrzeit noch „auf den Gassen“ war und sie war laut.
  • •Am 8. Februar 1662 musste ein Wirt für 1⁄2 Tag in den Turm, weil er die Sperrstunde nicht eingehalten hat. Die Gäste, 3 Geiger und Musiker („Spilleit“) waren noch beim obigen Wirt und bekamen auch 1⁄2 Tag die „Turmstrafe“ deswegen.

1717/1724
Man ließ neue Vorhängeschlösser im Turmgefängnis
anschaffen. Sie wurden deshalb nötig, weil in der
Vergangenheit andere Bürger bei offener Gefängnistür
Eingesperrte besuchten
, um dann miteinander „zu
fressen, zu sauffen und zu spielen, mithin aus solcher
Gefängnuß Straff nur Gespött zu treiben…“

Aufzeichnungen Lambert Grasmann, 22.04.2001, Archiv Heimatmuseum

abfotografiert im Turm

12 Die soziale Stellung der Türmer früher

„Im Mittelalter galt der Beruf des Türmers als
„ehrlos“ und damit als unehrlicher Beruf. In den
städtischen Ständegesellschaften des
Mittelalters wurden Kinder aus Türmerfamilien
daher meist von der Aufnahme in andere Zünfte
ausgeschlossen. Erst Mitte des 16. Jahrhunderts
erhielten sie durch Reichsgesetze der Jahre 1548
und 1577 die Möglichkeit, ein anderes Handwerk
zu erlernen.“

übernommen aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Türmer, 07.02.2023

Von unbekannt – Volksbuch 1515, Bild-PD-alt, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=6825838

13 Die soziale Stellung der Türmer früher

Die Türmer waren meist ehemalige Spielleute, die von
Stadt zu Stadt zogen und deshalb auch Krankheiten in die
Stadt bringen konnten.
Der Stand der Spielleute war damals ehr- und rechtlos.
In den Städten versuchte man zunehmend die Gefahr zu
umgehen und bot dem Fahrenden Volk, wie den
Spielleuten ein Leben innerhalb der Stadtmauern an.
So wurden Musiker als Türmer, Stadtpfeifer oder
Ratsmusiker sesshaft.

https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/musik/artikel/spielleute-im-mittelalter

Ausschnitt aus einer Abbildung der Amtlichen Berner Chronik von Diebold Schilling, um 1483
(Burgerbibliothek Bern, Mss.h.h.I.3, S. 357).

14 Geschichtliche MEGA-Quelle aus 1793 – ein Zufallsfund

Frau Dr. Lackner, Archivarin vom Staatsarchiv Landshut schrieb, dass sie eine Quelle aus dem Jahr 1793 passend zum Thema gefunden hat.

  • Am 05.12.2022 waren wir, Klasse 7c der Mittelschule Vilsbiburg, im Staatsarchiv in Landshut und haben uns die Quelle von 1793 im Original angeschaut. Herr Stadlöder vom Heimatverein begleitete uns.
  • Frau Dr. Lackner sagte, dass die Quelle eine Beschwerde über den Vilsbiburger Türmer und die Feuerwächter ist.
  • Die Beschwerde ging an den „Fürsten und Herrn Karl Theodor Pfalzgrafen bey Rhein, Herzogen in Ob- und Nider Bayern“ und landete deshalb im Staatsarchiv und nicht im Stadtarchiv Vilsbiburg, weil sie an eine höhere Stelle – an die Regierung – geschickt wurde.
  • •Der Absender stammt vom „Pfleggericht Biburg“.

Originalquelle von 1793 Staatsarchiv Landshut, 5051.7-1541/1/2

Staatsarchiv Landshut: eigene Aufnahme

15 Betreff: Sorglosigkeit der hiesigen Türmer und Feuerwächter 1793

  • Es gab eine Türmerordnung vom 30. März 1791, die für „Thurm- Feuer- und Nachtwächter“ galt.
  • Der Turmwächter musste alle „Viertelstund ein Zeichen von seiner Munterheit von sich … geben durch einen Schrey“.
  • In der Quelle heißt es, dass in dem „hiesigen Flecken ein Thurm- und Feuerwächter aufgestellt ist, deßen Nachläßigkeit unerträglich ist.“
  • Das Magistrat und die „Ober Policey“ tun nichts dagegen, so die Beschwerde.
  • Der Verfasser schreibt, dass Vilsbiburg verloren ist, wenn nachts ein Feuer unentdeckt bleibt, weil die Häuser auf der Rückseite von einer Ringmauer umgeben sind, was das Löschen erschwert und in der Stadtgasse wird es zu heiß zum Löschen.

Schriftliche Übersetzung von Herrn Dr. des. Matthias Witzleb, Leiter des Heimatmuseums Vilsbiburg

Staatsarchiv Landshut: eigene Aufnahme

16 Inhalt Quelle von 1793

  • Die Gassenwächter müssen den Feuerwächter durch Ziehen einer Glocke wecken, wenn er eine Stunde lang kein Zeichen gibt.
  • Der Schreiber bittet, dass der „Marckts
    Magistrat“ dem Türmer mehr Geld gibt,
    damit der „bey Tag schlaffen“ und in der
    Nacht Wache halten kann.
  • Wenn der Türmer sich nicht an die Ordnung
    hält, soll er ins Gefängnis „unter waßer und
    brod“ oder ersetzt werden.

Schriftliche Übersetzung der Quelle aus 1793 von Herrn Dr. des. Matthias Witzleb, Leiter des Heimatmuseums Vilsbiburg

Staatsarchiv Landshut: eigene Aufnahme

17 Stellungnahme aus Vilsbiburg wegen des Turmwächters

Der Vilsbiburger „Kammerer“ = Bürgermeister
schreibt am 9. März 1793 an Herzog Karl von
Niederbayern:

  • Die Stadt hörte den Turmwächter an („vor Rath citiert“), dieser beteuert seine Unschuld.
  • Sollte die Situation nicht besser werden, wird ihm
    gekündigt.
  • Eine Lohnerhöhung lehnt die Stadt ab, da der
    Turmwächter umsonst wohnen kann, jährlich 22 fl.
    (=Gulden) und 50 X (=Kreuzer) bekommt und
    außerdem als „aufgestelter Holzhayder“ namhaften
    Einfluss auf die Abmessungen des Schachtenholzes
    hat. Die vorherigen Türmer waren zufrieden mit dem
    Lohn.

schriftliche Übersetzung der Quelle aus 1793 von Herrn Dr. des. Matthias Witzleb, Leiter des Heimatmuseums Vilsbiburg

Am 15.März 1793 folgte die „herzogliche
Weisung“ an den Markmagistrat Vilsbiburg, dass
sie den Aussagen der Stadt zustimmen und der
Türmer auch nicht besser bezahlt werden
braucht.

Originalquelle Staatsarchiv, eigne Aufnahme

18 Die Feuerglocke

  • Wie hier in der Darstellung abgebildet, ist im Gewölbe von der Türmerstube ein Loch. An dieser Stelle befand sich früher ein Seil für die Feuerglocke.
  • Bei Brandfall läutete der Türmer die
    Feuerglocke.
  • Wenn der Türmer seine Wache
    verrichtete, musste der Türmer alle
    Viertelstunde
    durch ein Sprachrohr
    schreien oder läuten. Sie hatten eine
    kräftige Stimme und waren gute
    Musiker.

aus: Turmführung, Herr Stadlöder

Quelle: Stadtturm Vilsbiburg, eigene Aufnahme
Quelle: Stadtturm Vilsbiburg, eigene Aufnahme

19 Die elektrisch betriebene Feueralarm-Sirene

  • Später wurde die Feuerglocke abgeschafft. Es gab nun Telefone.
  • Es gibt auch noch einen anderen
    Grund, warum die Feuerglocke
    abgeschafft wurde. Denn es gab
    seit 1927 eine elektrisch
    betriebene Feueralarm-Sirene.
  • Dauerton: Stadtbrand
  • Unterbrochener Ton: Landbrand
Unterlagen von Lambert Grasmann,, Archiv Heimatmuseum

20 Lückenhafte Aufzeichnungen

  • Es gibt Gründe, warum eine lückenlose Dokumentation nicht möglich war.

Vilsbiburg

  • 1342 und 1344 waren schwere Unwetter.
  • 1348 war die Pest und auch ein 40-tägiges
    Erdbeben.
  • 1366 war ein Stadtbrand.
  • 1504 Landshuter Erbfolgekrieg
  • 1648 Schwedischer Einfall
  • 1702 Feuerbrünste starker Schaden
  • Es gab noch keine Archivare.

https://www.vilsbiburg.de/Vilsbiburg-Eine-Wittelsbacher-Stadtgruendung-Peter-Kaeser.o15180.html

21 Vielleicht weiß Landshut mehr über Türmer

  • 1424 zahlte die Stadt Landshut dem Türmer Leonhard Chramer 6 Schilling Pfennige für die Fahne an seiner Türmertrompete.
  • 1425 wurde dem neuen Türmer Anderlein
    für ein Bett auf dem Turm zwei Laken, eine
    Decke und ein Strohsack gekauft für 11
    Schilling und 3 Groschen. „Anderlein ist
    angestanden und Türmer am Dienstag nach
    Michaeli XXV
    geworden“.

Informationen aus der Antwort-E-Mail und Gespräch von und mit Gerhard Tausche vom 13.12.2022
Stadtarchiv Landshut

https://de.wikipedia.org/wiki/Martinskirche_(Landshut)#/media/Datei:Landshut,Stiftskirche_St._Martin(2021).jpg

22 Vielleicht weiß Landshut mehr über Türmer

  • Es wurde den Türmern 24 Pfennige gezahlt und für ihre Gans an St. Martin 26 Pfennige.
  • Die Türmer wohnten in dem Turm, weil man
    dort die beste Aussicht nach Feinden und
    Feuern hatte.
  • Es gab einen Streit, da sich die Stadt und die
    Kirche nicht darüber einig wurden, wer die
    Türmerstube bezahlen muss.

In Vilsbiburg kam die Kirche nicht in Frage,
weil sie zu weit weg vom Stadtplatz war.

Informationen aus der Antwort-E-Mail und Gespräch von und mit Gerhard Tausche vom 13.12.2022
Stadtarchiv Landshut

Informationen aus der Antwort-E-Mail und Gespräch von und mit Gerhard Tausche vom 13.12.2022
Stadtarchiv Landshut

23 Frühere Aufgaben des Türmers in Vilsbiburg

  • Die Türmer haben nach Feuer, Fremden oder Adeligen, die besonders empfangen werden, Ausschau gehalten.
  • Bei Abmessung von Holz und Getreide
    mussten sie ehrlich sein.
  • Sie mussten das Gassenbetteln unterbinden.
  • Mit dem Sprachrohr konnten sie vom Turm
    schreien.
  • Sie mussten das „Marktsperrsignal“ geben
    und den „Zapfenstreich“ für die Wirte
    blasen. Im Winter 8 Uhr und im Sommer 9
    Uhr

ambert Grasmann, Storchenturm Nr. 17, Seite 64-69

24 Weitere Aufgaben von den Vilsbiburger Türmern

  • Brennende Laternen haben in die Richtung des Brandes gezeigt, auch bei benachbarten Ortschaften.
  • Die Türmer mussten Tag und Nacht jede 15 Min. rufen, um
    die Bürger an die Sicherheit zu erinnern.
  • Sie mussten außerdem die Gewichte der Turmuhr immer
    wieder neu aufziehen.
  • Die Uhr wurde mit einer Kurbel aufgezogen und es
    waren drei Gewichte.

aus den Originalquellen

25 Türmer waren auch Musiker

  • Türmer machten nebenbei noch
  • Musik.
  • Sie spielten bei Messen, Taufen,
    Beerdigungen, sowie in
    Wirtshäusern zum Tanz.
  • Deshalb beherrschten sie viele
    Instrumente wie Posaune,
    Trompete, Flöte oder Violine.

Der Vilsbiburger Sebastian Mayrthaller
leitete später die Zunftmusik bei der
Landshuter Hochzeit 1903-1930

Musikkapelle Mayrthaller-Leiß aus Vilsbiburg, ca. 1880-1890, Vilsbiburger Anzeiger 12.05.1934

26 Musikpatente für Vilsbiburg

  • 1786 erhielt Mayrthaler vom Rat des Marktes Vilsbiburg das Bürgerrecht verliehen.
  • Seine Nachkommen übten dann bis Anfang des Jahrhunderts den Beruf des Türmermeisters
    aus.
  • Früher brauchte man ein Patent, um Musik
    spielen zu dürfen.
  • Am 25. „Jenner“ 1779 erhielt der „Türmergesell zu
    Biburg“ vom „churfürstlichen Pfleggericht Biburg
    die „Bewilligung“, Geige, Waldhorn und Trompete
    überall in Bayern und „Obern Pfalz“ zu spielen.

Expertengespräch mit Herrn Lambert Grasmann,
Heimatforscher und Buchautor, ehemaliger
Heimatmuseumsleiter, 10. Januar 2023, Dauer-2:29
Min.

Inhalt aus dem Expertengespräch mit Herrn Grasmann vom 10.01.2023

27 Stellenausschreibung eines Nachtwächters

Juli 1900

  • Das monatliche Einkommen eines Nachtwächters betrug 20 Mark.
  • Ihm wurde eine Wohnung im oberen Stadtturm zur Verfügung gestellt, für die er keine Miete zahlen musste.
  • Eine Bewerbung konnte schriftlich oder mündlich beim Magistrat (Stadtrat) bis 1. August 1900 eingereicht werden.
  • Anfragen zur Tätigkeit konnten beim Magistrat eingeholt werden.
abfotografiert im Stadtturm, Archiv Heimatmuseum Vilsbiburg

28 Weitere gefundene Türmer

  • Johann Caspar Pummerl war 1716 Türmermeister und Musiker.
  • Petrus Prettschneider, ledig, war 1739 Türmer
  • Andre Mayrthaller, angehender Türmermeister
    1774-89
  • 1793 ???
  • Johann Untermühler war 1822 Türmer
  • Anton Maierthaler war 1875 Türmermeister und
    Musiker
  • Leonhard Schwarzberger, Türmer 1928-1938
    die Vils
  • Frau Therese Baierer, letzte Türmerin, 1938-1960

aus Unterlagen von Herrn Lambert Grasmann notiert:
Pummerl: Marktkammer-Rechnung über 49 Gulden für 1733 musikalische Leistung
Prettschneider: Rprot. I 37 vom 7.1.1763 fol. 232
Mayrthaller Andre: StaV I 45 Eheverlöbnisse 1774-89
Maierthaler Anton: GdePrt. I 102 v. 31.III.1875

eigenes Foto, vor dem Heimatmuseum

29 Es gab auch einen zweiten Turm

  • Es gab auch einen zweiten Turm in Vilsbiburg.
  • Der wurde 1903 mit den zwei danebenliegenden Gebäuden
    abgerissen.
  • Der Turm wurde nicht wieder aufgebaut.
  • Wegen der Vorhänge stellte sich heraus, dass hier Marktschreiber wohnten, keine Turmwächter

Staatsarchiv München, Signatur RA 77513, Reparatur des Unteren
Torturmgebäudes in Vilsbiburg

Bild aus: Der Landkreis Vilsbiburg, 1966, Hrsg. Verwaltung des Landkreises, Verlag für
Behörden und Wirtschaft, S. 80

30 Informationen aus dem Stadtarchiv Vilsbiburg

  • Im Stadtarchiv lagern Unterlagen von Vilsbiburg von früher: Rechnungen, Stadtratsprotokolle, Akten, Pläne, Druckschriften.
  • Hier suchte uns die Geschäftsleitung eine Originalquelle vom 23.07.1936 heraus, in der ein zweiter Durchgang am Stadtturm beschlossen und schließlich genehmigt wurde.
  • Der Türmer bekam deshalb einen anderen Aufgang über den Spitalgarten auf der anderen Seite des
    Turms.

31 Aufgang zum Turm vor 1936

  • Hier sieht man von der Stadtplatz abgewandten Seite des Turms, dass es keinen Durchgang gab, gelbe Pfeile.
  • Hier war vor 1936 der Eingang. Man kam so in die Wohnung.
  • Dann wurde der Eingang im Turm zugemauert, blauer Pfeil.
  • Hier ging der Türmer vor 1936 rauf (Stadtplatzseite). Der Durchgang entstand 1936, roter Pfeil.

32 Die neue Treppe ab 1936

  • 1936 wird die Treppe der neue Zugang zum Turm.
  • Zu der Zeit war Adolf Hitler deutscher Reichskanzler.
  • Die Treppen am alten Aufgang bei Haus Nr. 1 kommen
    weg.
  • Das Aufgangsrecht fällt hier weg.
  • Die „unberechtigterweise“ angebrachte Wasserleitung zur
    Türmerwohnung
    kommt weg.
  • Der neue Durchgang gehört zu Haus Nr. 1 und muss
    solange zum Durchgehen bleiben, solange der Turm steht.
  • Die Kosten des Durchgangs und die Renovierung der
    Türmerwohnung zahlt die Stadt.

übrigens: An diesem Tor klopften die Bürger, wenn sie dem
Turmwächter etwas Wichtiges sagen wollten: Todesfall oder
Feuer. Der Türmer läutete die Sterbeglocke, die sich in der
Spitalkirche nebenan befand.
Durch den Schlitz bekam der Türmer Post, gelber Pfeil.

Inhalt aus dem Regierungsschreiben vom 17.05.1936 an den Bürgermeister von Vilsbiburg, Stadtarchiv Vilsbiburg

33 Eine Zeitzeugin

  • Die letzte und einzige Türmerin und daneben die Enkelin, Frau Niedermeier-Müller.
  • Die Türmerin hieß Frau Therese Niedermeier, später verheiratete Therese Baierer.
  • Sie hatte sich vor der Aufgabe als Turmwächterin vom Mann getrennt und brauchte nun eigenes Geld, somit wurde sie 1938 Türmerin.
  • In der Turm-Wohnung wohnte Frau Niedermeier-Müller, ihre Oma (Türmerin) und ihr Opa.
  • Frau Niedermeier-Müller wohnte für etwa 5 Jahre im Turm.
  • Im Jahr 1960 wurde der Dienst aufgelöst, weil es eine zu schwere Arbeit war für die Türmerin. Danach wohnten sie nebenan im jetzigen Heimatmuseum.

Letzte und einzige TÜRMERIN

Frau Niedermeier-Müller, Enkelin

34 Soziale Stellung des Türmers heute

Die letzte Türmerin war eine sehr angesehene Frau. Viele Leute in Vilsbiburg kannten sie. Sie war eine sehr fürsorgliche Frau und kümmerte sich auch um die Leute vom Altenheim, die sie sehr oft zu einem Plausch und zu einer Brotzeit einlud.

  • Sie hatten Vorteile: sichere Kindergartenplatz für Enkel/in
  • krankenversichert, da von Stadt angestellt und hatten ein Telefon
  • Man konnte aus Platzgründen nur 1-2 Freunde einladen, aber jeder wollte kommen und zum Turm hoch.
  • Ob ihre Oma viel Geld bekam oder Miete bezahlen musste, weiß Frau Niedermeier-Müller nicht.
  • Ihre Oma arbeitete rund um die Uhr. Der Turm musste immer besetzt sein. In der Nacht stand sie auf und musste nach Feuer Ausschau halten

Inhalt Aussagen v. Frau Niedermeier-Müller

Frau Niedermeier-Müller am Tor, wo die Bürger
läuteten, wenn etwas passiert ist

35 Aufgaben der Türmerin später in Vilsbiburg

  • Sie bediente das Schaltpult, um die Straßenbeleuchtung an- und auszuschalten.
  • Feuerschau: Bürger kamen zur Türmerin, wenn sie ein Feuer entdeckt haben. Sie machte die Sirene an und rief den Kommandanten an.
  • Wenn die Türmerin im Krieg ein Flugzeug sah, musste sie mit der Sirene Fliegeralarm auslösen.

Inhalt Aussagen v. Frau Niedermeier-Müller

abfotografiert im Turm, Bild von Lambert Grasmann

36 Aufgaben der Türmerin später in Vilsbiburg

  • Wasser musste kübelweise geholt werden: für das „Wanderl“ (= kleine Blechwanne) zur Körperwäsche, für die Wäsche der Kleidung, zum Kochen. Das war sehr beschwerlich.
  • Gekocht wurde mit einem Holzofen, der die einzige Wärmequelle war und nun in der Stube war, nicht davor.
  • Das Holz wurde vor der ehemaligen „Gefängniszelle“ gelagert. Es musste hochgetragen werden.

übrigens:
Einmal kam ein Fremder, der einen Affen dabei hatte zum Übernachten in den Turm (ehemalige Gefängniszelle, später Übernachtungmöglichkeit für Durchreisende). Die Türmerin hatte Angst vor fremden Männern und meldete dies dem Bürgermeister. Dann wurde dem Mann eine andere Schlafstelle
außerhalb des Turms zugewiesen. Später war nie mehr ein Fremder im Turm über Nacht.

Inhalt Aussagen v. Frau Niedermeier-Müller

eigenes Foto

37 Turmbegehung mit einer Zeitzeugin

Leider ist das Video zu groß um hier hochgeladen zu werden. Lösung offen

38 Da bleiben wir dran

Was hat es mit dem Rohr vom Turm auf sich?

Experteninterviews wegen offener Fragen
von links nach rechts

  • Herr Lambert Grasmann, Heimatforscher, ehemaliger Museumsleiter und Autor, lila Pfeil
  • Herr Rudolf Stadlöder, Vorstandmitglied Heimatverein, Tutor, blauer Pfeil
  • Herr Dr. des. Matthias Witzleb, Leiter Heimatmuseum Vilsbiburg, Übersetzer der „Mega-Quelle“ aus 1793,
    grüner Pfeil
eigenes Bild

39 Das Rohr vom Turm und die Feuerstelle 1

Das Rohr vom Turm und die Feuerstelle

  • Bei der Sanierung des Stadtturms 1977 wurde außerhalb der Türmerstube eine offene Herdstelle entdeckt.
  • Der Abzug erfolgte über eine sogenannte „Rauchkutte“, durch das Gewölbe über das Rohr nach draußen.
Archiv Heimatmuseum Vilsbiburg
abfotografiert aus Archiv Heimatmuseum Vilsbiburg, im Stadtturm

40 Das Rohr vom Turm und die Feuerstelle 2

41 Die Wohnung im Turm jetzt

  • Die Türmerwohnung wird jetzt als Lagerraum für das Heimatmuseum verwendet.
  • Es werden alte Papiere und Dokumente gelagert.
  • Manchmal wird die Wohnung auch bei Führungen gezeigt.
  • Der Turm mit der Wohnung ist nun ein Wahrzeichen.
  • Der Turm mit der Wohnung ist der letzte Beweis für die
    Stadtbefestigung mit Ringmauer.

aus Gespräch mit Herrn Stadlöder

42 Wohnen ist eben doch mehr als nur ein Dachüber dem Kopf. Wohnen prägt.

  • Frau Niedermayer-Müller lebte für einige Jahre mit
  • ihrer Oma im Stadtturm von Vilsbiburg.
  • Das hat sie geprägt. Man merkt es daran, dass ihr
    jetziges Haus einen kleinen Turm hat. Sie baute den
    Turm als Andenken an die schöne Zeit mit ihrer Oma.
  • Sie sammelte viele schöne Erinnerungen in dem Turm
    und denkt gerne daran zurück.
  • Alle männlichen Nachfahren werden „Turm-Sepp
    genannt von den Einheimischen, auch wenn sie gar
    nicht auf „Josef“ getauft wurden.

Daran sieht man, dass Wohnen eben doch mehr als nur ein Dach über dem Kopf ist.

aus Gespräch mit Frau Niedermeier-Müller
Foto Haus von Frau Niedermeier-Müller, eigenes Bild
Gruppenfoto, eigenes Foto

43 Mitwirkende

44 Mitwirkende

  • 7c Mittelschule Vilsbiburg, alphabetische Reihenfolge Klassenliste:
    • Bauer Franziska
    • Blieninger Emma
    • Buchbinder Jasmin
    • Exner Chiara
    • Garbaci Juliana
    • Sheko Amal
    • Tayler Linda
    • Altmann Nico
    • Drexel Rafael-Simon
    • Elbers Fynn
    • Häglsperger Lukas
    • Klipan Michael
    • Kotitschke Moritz
    • Ruf Samuel
    • Scharf Leonhard
    • Schneidermeier Luka
    • Uhuanrabona Nosadestiny
  • Erstellt: Vilsbiburg, 15.02.2023
    • Frau Roswitha Niedermeier-Müller, Zeitzeugin
    • Herr Dr. des. Matthias Witzleb, Leiter Heimatmuseum Vilsbiburg
    • Herr Lambert Grasmann, ehemaliger Leiter Heimatmuseum, Heimatforscher, Buchautor
    • Herr Rudolf Stadlöder, Schriftführer Heimatmuseum Vilsbiburg, Tutor
    • Frau Birgit Buchner, Klassenleitung, Tutor

45 Quellenverzeichnis

Weiterführende Links

https://landshut.niederbayerntv.de/mediathek/video/fuehrung-durch-den-stadtturm-in-vilsbiburg/