Der Gründer der Wallfahrt Maria Hilf
Der Gründer der Wallfahrt Maria Hilf
Der Kaminkehrer Donatus Orelli kam aus dem Tessin nach Vilsbiburg
„Wer einer Kirche Urheber ist – der ist des Himmels schon ver´gewißt“. So steht es auf dem Grabstein des 1734 verstorbenen Kirchen- und Wallfahrtstifters, aus der italienischen Schweiz stammenden Donatus Orelli. In einer Auswanderungswelle zu Ende des 17. Jahrhunderts ist Orelli von Locarno über Österreich und dem heutigen Tschechien nach Deutschland und als Kaminkehrer nach Landshut und Vilsbiburg gekommen, wo ihm 1678 die Bürgerrechte verliehen wurden. Die Erinnerungen an die Madonna del Sasso auf dem „Sacro Monte“ bei Locarno ließ Orelli fern der Heimat nach einem geeigneten Ort suchen, – einem „Monte“ bei Vilsbiburg – um hier eine Kapelle für Unsere Liebe Frau – Maria Hilf zu errichten. 1686 war es dann auch schon so weit, um hier im März auf dem „Kalvarienberg“ drei Kreuze zu errichten, und zwei Monate später der erste Stein für eine „Feldkapelle“ gelegt wurde. Ein Jahr später war der Kapellen-Rundbau fertig, der Baumeister war kein anderer als der bekannte Maurermeister Christophoro Zucalli, ebenfalls ein italienischer Emigrant. Bei den Nachforschungen merkt man schnell, sie haben sich alle gut gekannt und haben zusammengearbeitet, die „Gastarbeiter“ aus dem südlichen Ausland. Der höchste Beamte in Vilsbiburg, der Churfürstliche Pfleger Antonio Maffei war Italiener und Verwandter des Papstes Clemens XI. Dann war da noch der Vilsbiburger Gastwirt und Handelsmann Lorenz Zenelli und dessen Sohn der Binabiburg Pfarrer Lorenz Zenelli. Die Bauarbeiten wurden natürlich an die südländisch sprechenden Freunde, wie dem „welschen“ oberitalienischen Baumeister Zuccalli und Magazini, dem Vorarbeiter Ganzerre oder dem Stuckateur Nicola Perti vom Comer See übergeben. Drei Mal ist Donatus Orelli nach Rom und 30-mal nach Regensburg gepilgert um seine Stiftungen durchzusetzen. Zurück kam er mit päpstlichen Ablässen und wertvollen Reliquien für seine Kirche Maria Hilf. Auf dem Porträt in der Sonderausstellung ist Donatus Orelli mit zwei Pilgermuscheln an seinem Jackett dargestellt. Die Wallfahrt hatte einen enormen Zulauf; aus der Rundkapelle wurde eine Kirche mit angebauter Wohnung. Dort wohnten die Orellis, da immer wieder Diebstähle in der Kirche vorkamen.
Vier Kinder hatte Donatus Orelli, zwei Töchter und zwei Söhne, von denen der eine Geistlicher wurde und Wolfgang Martin die Familienlinie fortführte. Das Porträt des Wolfgang Martin in der Sonderausstellung stellt ihn im bürgerlichen Festtagesgewand dar: Goldbetresster Rock, rote Weste, Ohrring und Dreispitz. Wolfgang Martin war mit Maria Viktoria Mutteus, einer Vilsbiburger Bürgers- und Ratstocher verheiratet. Sie hatten zwei Töchter und drei Söhne, wovon Johann Georg Joseph Orelli die Familienlinie fortsetzt. In der Sterbematrikel im Vilsbiburger Pfarrarchiv ist genau niedergeschrieben wo der verstorbene Wolfgang Martin am 3. Februar 1753 begraben wurde: in „Ecclesiae B.V.M. in Monte“ – begraben in der Kirche zur heiligen Maria auf dem Berg. Sein Marmor-Grabstein befindet sich heute im Krippengang auf Maria Hilf. Mit dem 13. März 1728 ist der nachfolgende Sohn Johann Georg Joseph in das Vilsbiburger Taufregister eingeschrieben. Als Taufpaten haben sich die Orellis wieder eine Vilsbiburger Persönlichkeit ausgesucht: Johann Georg Mayr, vom Beruf Archigramatäus, ein „Meister des Schreibens“; er war Vilsbiburger Oberschreiber. Der Täufling hat vom Paten die Vornamen erhalten. Ebenso wie sein Vater und Großvater ist Johann Georg Joseph Mesner auf Maria Hilf und Kaminfeger. 1754 heiratet der 27-jährige die Landshuter Bürgers- und Kaufmannstochter Maria Theresia Wäldl aus der Pfarrei Sankt Martin und Kastulus. Beide haben 15 Kinder. Nach dem Begräbniseintrag der Pfarrkirche stirbt Georg Josef mit 61 Jahren am 20. Dezember 1788. Sein Leiden wird mit dem Krankheitsbild der Podagra (= Gicht) und mehreren Schlaganfällen angegeben. Wie bei seinem Vater steht in der Sterbematrikel genau der Begräbnisort: In der Kapelle der Maria Hilf Kirche, vor dem Altar des heiligen Joseph. Heute ist sein Grabstein in der kleinen Seitenkapelle beim linken Aufgang zur Kirche. Von den beiden Letztgenannten befindet sich in der Vilsbiburger Sonderausstellung je ein Portrat auf Öl: Georg Joseph in der Kleidung des Rokoko, grüner Rock und rote Weste, seine Gattin Maria Therese mit weißer Schürze, Schoßmieder, Kleid, dessen Ärmel mit Spitzeneinsätzen, Kopfhaube mit Spitzenrand, Halsband mit Kreuz.
Interessant sind in jedem Fall die bürgerlichen Verbindungen der Orellis im Markt Vilsbiburg und über die Grenzen hinaus, ob dies nun Trauzeugen oder Taufpaten sind. Lateinlehrer, Organisten, Pflegsverwalter oder Bürgermeister, jede Gattung ist hier genannt.
Die neue Sonderausstellung im Heimatmuseum bringt mit den „Vilsbiburger im Porträt“ eine interessante Schau der Bürgerinnen und Bürger des 18. bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Dazu gehört aber unbedingt auch die darauf abgestimmte neue Vilsbiburger Museumsschrift Nr. 11. Hier werden sämtliche in der Ausstellung gezeigten Porträts und persönliches Beiwerk über Zertifikate bis zum Sterbebild genauestens vorgestellt. Die 150-seitige Museumsschrift enthält auch sechs Nachforschungen zu einzelnen Porträts, wie eben die oben genannte Familie Orelli, die von Peter Käser auf 30 Seiten einen interessanten Niederschlag gefunden hat. Sämtliche Museumsschriften sind im Buchhandel oder an der Kasse des Heimatmuseums erhältlich, oder auch online hier.