Die Odyssee des Vilsbiburgers Franz Wurm in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs
Der Realschullehrer Konrad Fischer hat in der kürzlich neu erschienenen „Vilsbiburger Museumsschrift Nr.10", der Begleitbroschüre zur heurigen Sonderausstellung im Vilsbiburger Heimatmuseum („Das kriegerische 20. Jahrhundert: Von der ersten deutschen Republik 1918 über die Diktatur zum Neubeginn 1948…") unter anderem der Jugend im Dritten Reich einen kurzen Abschnitt gewidmet. Unter der Überschrift „Die Jugend mit einbinden" schreibt er: „Um einen bleibenden Erfolg des NS-Staates zu sichern, musste sich Hitler in erster Linie an die Jugend als der Trägerin des künftigen Staates wenden. Dabei nutzte er die jugendliche Begeisterungsfähigkeit bedenkenlos aus, indem er den Sport zum Beispiel in den Dienst der vormilitärischen Ausbildung stellte und mit dein Nationalstolz zugleich Hass gegen fremde Völker und Rassen weckte; ebenso entwertete er Kameradschaft und Gefolgstreue zu blindem Gehorsam nach der Parole ‚Führer befiehl, wir folgen Dir!‘
NS-Organisationen banden Ju­gendliche an das Regime: mit zehn Jahren über das Deutsche Jungvolk/ Jungmädel, mit 14 Jahren über die Hitlerjugend (HJ) und den Bund Deutscher Mädel (BDM). Für Männer ab 18 Jahren gab es ein Jahr Reichsarbeitsdienst (RAD), danach zwei Jahre Wehrdienst."
Auch der Vilsbiburger Franz Wurm (geboren 1925) durchlief in seiner Jugend diese Stationen. Nachdem er in seiner Heimat keine Lehrstelle bekommen konnte, verschlug es ihn nach Posen im heuti­gen Polen, wo er den Beruf des Werkzeugmachers erlernte. Von dort aus hatte man ihn im Alter von 18 Jahren zum Reichsarbeitsdienst (RAD) eingezogen und einer Flugab­wehreinheit (Flak) zugeteilt. 1945 befand sich Wurm als Geschützführer einer Flak-Geschützes (10,5 Zentimeter) bei einer der drei ortsfesten Großbatterien mit je vier Geschützen in der Nähe des Flugplatzes Aspern bei Wien. Am 12. April, so schreibt er in seinen Erin^ nerungen, war er einem Spähtrupp zugeteilt, um die Nähe der anrückenden russischen Truppen zu erkunden. Nach der Feststellung, dass diese nur mehr einige 100 Meter von ihrer Stellung entfernt waren, trat der Trupp eiligst den Rückzug an. Bei den Rückwärtsbewegungen schoss ein russischer Scharfschütze Franz Wurm durch den Stahlhelm in den Hinterkopf. Bewusstlos geworden, schleppten ihn seine Kameraden zur Flakstellung zurück; von hier aus überstellte man ihn mit dem Sanka zum nahe gelegenen Verbandsplatz Breitenlee.
Am Tag darauf wurde er in einem Lazarettzug in einer dreitägigen Fahrt      nach Karlsbad transportiert, wo in mehreren Zügen bereits über 3000 Verwundete ihres Schicksals harrten. In einem mit Stroh ausgelegten, an einen Personenzug angehängten Viehwaggon geschah die Überführung mit 16 Schwerverletzten zunächst nach Prag, um dort notwendige Operationen durchzuführen. Doch die Fahrt mit den Schwerverletzten ging weiter, wo man am Tag darauf, dem 17 April, in einer als Reserve-Lazarett umfunktionierten Turnhalle in Tabor landete.
Das im Besitz von Franz Wurm befindliche, am 17. April angelegte vierseitige Krankenblatt berichtet am 29. April, dass mit einer Pinzette der Mantel eines russischen Infante­riegeschosses aus seiner Kopfwunde entfernt wurde. Das mit deutscher Gründlichkeit bis zum 18. Mai von deutschen Ärzten und Sanitätsper–sonal geführte Krankenblatt nennt alle Versorgungsleistungen und medikamentösen Behandlungen, die an Franz Wurm, durchgeführt wurden. Nachdem der Geschossmantel entfernt worden war, verschlimmerte sich der Zustand Wurms zusehends, worauf man am 7. Mai eine Röntgenaufnahme (auch diese ist im Besitz Wurms) veranlasste, Tags darauf ging es mit einer Luftwaffeneinheit, die Russen waren im An­marsch, gegen Westen, wo die Einheit bei Strakonice in amerikanische Gefangenschaft geriet. Da keine Abtransportmöglichkeit bestand, wurde am 16. Mai, also erst 34 Tage nach der Verwundung, eine Notoperation auf freiem Feld durchgeführt, wobei die auf einer Röntgenaufnahme sichtbaren Knochen- und Metall­splitter sowie ein Hirnabszess entfernt wurden.
Die Dramatik dieses Eingriffs hat der deutsche Arzt in 37 Schreibmaschinenzeilen auf dem Krankenblatt dokumentiert. Am Tag darauf waren die Amerikaner jedoch „verschwunden", man war den Russen ausgeliefert. Mit drei weiteren Schwerverwundeten in einen Sanka verfrachtet, versuchte dieser am 18. Mai Richtung Westen zu fahren, wurde jedoch von einem russischen Offizier gestoppt. Nach dessen Fahrzeugkontrolle ließ er den Sanka umdrehen, begleitete diesen jedoch selber bis zu dem in der „Benesch-Schule" in Pisek untergebrachten Reserve-Lazarett.
Hier kam es zu einem Zusammentreffen mit dem Offizier und früheren Redakteur beim Vilsbiburger Anzeiger, Anton Feistle, der sich dann besonders um Franz Wurm sorgte und ihn zum Beispiel mit Sonderrationen Brot bedachte. Übrigens wurde Feistle nach Rückkehr aus der Gefangen­schaft zum ersten, von der amerikanischen Besatzungsmacht eingesetzten Bürgermeister Vilsbiburgs ernannt.
Nachdem das Lazarett in der „Benesch-Schule" in Pisek geräumt werden musste, wurden die Verwundeten, darunter Franz Wurm, am 15.Juni in die Krankensarnmelstelle nach Pilsen verlegt und von dort in das amerikanische Gefangenenlager „Wiesengrund" überstellt. Am 13. Juli schlug die Stunde der Freiheit. Nach einer Entlausungsaktion wurde Franz Wurm der Entlassungsschein ausgestellt. Die letzten Stationen waren eine Fahrt mit einem amerikanischen Lkw bis Regensburg, die Weiterfahrt mit dem Güterzug nach Plattling – die direkte Strecke nach Landshut war unpassierbar – und die Fahrt auf dem Tender einer Lokomotive von Plattling bis kurz vor Landshut. Der dortige Bahnhof war total zerstört. Vom Hofberg in Landshut aus konnte er mit dem von Herrn Thoma aus Gei-senhausen gesteuerten Bus nach Vilsbiburg fahren In der Frauensattlinger Straße, beim Anwesen Schandl, traf er seine Mutter. Sie war auf dem Weg zur Bergkirche. Es war der 13. Juli – Fatimatag. Feistle war einen Tag früher in Vilsbiburg eingetroffen.
Doch die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Im Oktober 1945 besuchten die Kameraden von Franz Wurrn, Karl Kellner und Willy Matousek, die ehemalige Flak-Stellung in Breitenlee, ,wo die vier Geschütze am 13. April 1945 gesprengt worden waren. Unter den Trümmern mit Gasmasken, Brotbeutel etc. fanden sie einen Stahlhelm mit Einschussloch, den sie dem „Langen", so der Spitzname Wurms, zuordnen konnten. Doch erst 1955, also zehn Jahre später, konnte dieser am 15. Mai in Wien den mit seinem Namen bezeichneten Helm von seinen Kame­raden in Empfang nehmen. Der Stahlhelm hatte ihm das Leben gerettet. Er befindet sich zur Zeit mit-weiteren Dokumenten wie Krankenblatt, Verschubpapieren, Erken­nungsmarke und Entlassungsschein in der Sonderausstellung im Vilsbiburger Heimatmuseum.
Lambert Grasman
 
Veröffentlicht am Samstag, den 5. Juli 2008 in der Vilsbiburger Zeitung
 

Grabtafel des Leonhard Wagenhaymer, an der Außenwand von Sankt Jodok in Landshut.
 
Eine Grabmalinschrift an der Außenmauer der Landshuter Pfarrkirche Sankt Jodok nennt einen Vilsbiburger Geistlichen, welcher hier seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Es ist der Vilsbiburger Kaplan Leonhard Wagenhaymer.

Eine eigene Grabstätte innerhalb des Gotteshauses, bzw. vor oder in der Nähe eines Altares entsprach der Erlösungssehnsucht der Menschen. Insbesonders die Geistlichkeit, der Adel und betuchte Bürger konnten es sich leisten eine heilige Messe mit einem eigenen Geistlichen und einen dazugehörigen Altar zu stiften. Vor diesem Altar wollten sie auch bestattet werden. Dann war es üblich, die Verstorbenen in Schrift und Bild im Stein zu verewigen.

 In den „Kunstdenkmäler der Stadt Landshut“, sind die Grabdenkmäler der Pfarrkirche Sankt Jodok beschrieben und nennen auf Seite 132 an der Außenwand, mit der Nummer 18 ein Grabmal mit der Inschrift: „Anno dni milesimo cccc lxxxi // obyt dns leonhardus wagenhaymer capplanus altaris sti michahelis In vilspiburgk cuius aia regescat In pace“. In der Übersetzung lautet der Text: „Im Jahre des Herrn 1481 starb Herr Leonhard Wagenhaymer, Kaplan auf dem Altar des Sankt Michael in Vilsbiburg, er soll hier ruhen in Frieden“. Die Grabplatte hat die Größe vom 0,75 m x 0,75 m und ist an der südlichen Außenmauer, links neben dem Portal angebracht. Das Begräbnis bei der Sankt Jodokkirche in Landshut hat Wagenhaymer sicherlich dem geborenen Vilsbiburger Geistlichen Caspar Westendorfer zu verdanken, der Pfarrer von Sankt Jodok war, gestorben um 1480 als letzter Spross der Vilsbiburger Westendorfer-Familienlinie.

Der derzeit früheste Hinweis auf die Vilsbiburger Messe auf dem Altar des Sankt Michael geht aus dieser Grabstein-Inschrift vom Jahr 1481 hervor. Der auf dem Stein genannte Geistliche war Kaplan am Michaelialtar, welcher sich nicht in der Vilsbiburger Pfarrkirche befand sondern in der Spitalkirche neben dem Stadttor. Der Altar stand auf der Orgelempore als so genannter „Poraltar“. Praktisch angelegt war die Michaelimesse auf der Orgelempore, da die Spitalinsassen vom ersten Stock aus die Messe besuchen konnten. Die Vilsbiburger Bürgermeistersgattin Dorothea Westendorfer, Mutter des Pfarrers von Sankt Jodok, Caspar Westendorfer, hat am 1. April 1456 eine Johannesmesse in die Vilsbiburger Pfarrkirche und eine Georgsmesse in die Spitalkirche gestiftet. Denkbar wäre, dass ihr Sohn Caspar, der in die Landshuter Jodokkirche zwei Messen stiftete und 1476 das Vilsbiburger Heilig Geist-Spital errichtete, auch die Michaelimesse in die Vilsbiburger Spitalkirche dotiert hat. Nachdem Leonhard Wagenhaymer Kaplan dieser Messe war, dürfte es die Verpflichtung von Westendorfer gewesen sein, „seinem“ Kaplan in der Kirche Sankt Jodok eine letzte Ruhestätte gegeben zu haben.

 

Im Bischöflichen Zentralarchiv Regensburg befinden sich die Präsentationsurkunden der Vilsbiburger Benefiziaten. Hier wird am 19. Mai 1483 der verstorbene Leonhard Wagenhaymer genannt. Er war Kaplan der Michaelimesse in der Spitalkirche, aber auch der Maria Magdalenen und Laurentiusmesse in der Vilsbiburger Pfarrkirche. Wagenhaymer ist auch Kaplan auf der von Ulrich Rogler am 4. Juli 1435 in die PfarrkircheVilsbiburg gestifteten Jakobusmesse, welche auf dem Altar in die Sankt Johannes Kapelle gelesen wurde.[1][2] In einer Vilsbiburger Urkunde vom 25. Januar 1467 benennt Wilhelm Fraunhofer zu Fraunhofen den kirchlichen Zehent, gelegen in der Holzhauser Pfarrei und in Altfraunhofener Gericht, den der Geistliche Ulrich Rogler „selig verstorben“ zur Jakobusmesse in die Pfarrkirche Vilsbiburg vermacht hat. Die dazu verschriebenen Zehent-Güter sind: In Holzhausen die Plaßhube, das Äschwein Gut und die drei Bauernhöfe zu Schnedenhaarbach, namentlich die Eybeckhen Hube, die Grössen- und die Furterhube. Wilhelm Fraunhofer übergibt die Abgabe für die Messe in „Unser Lieben Frauen Gotshaus zu Vilsbiburg“ an die „Ersamen und Weisen Bürger“, die zehn Vilsbiburger Räte „als der ewigen Meß Lehensherrn“, sozusagen als die jetzigen Inhaber der Zehenthöfe und der Messe, nachdem Rogler gestorben war. Als Kaplan der Jakobusmesse wird der geistliche Herr Leonhard Wagenhaymer übernommen. „Es soll der vorgenannte Kaplan beim Jahrtag von Herrn Ulrich Rogler diesem Gedenken, und auch ein ewiges Gedächtnis haben für den vorbenannten Wilhelm Fraunhofer.“ Siegler der Urkunde ist der „Strenge und Veste“ Ritter Theseres Fraunhofer zu Fraunhofen. Nun wissen wir, dass 1467 Ulrich Rogler verstorben ist. Die Lehensherren der von ihm gestifteten Jakobusmesse auf dem Johannesaltar der Vilsbiburger Pfarrkirche waren jetzt der Vilsbiburger Rat. Der 1481 in Landshut verstorbene und bei Sankt Jodok begrabene Leonhard Wagenhaymer hatte die Kaplanstelle zu dieser Vilsbiburger Jakobus-Roglermesse.[3] Nachdem Ulrich Rogler verstorben war, übernahm sein Neffe in Sankt Jodok, Pfarrer Caspar Westendorfer (genannt 1409 bis 1480) als erster Kaplan die Vilsbiburger Jakobusmesse und stellte hier den Messkaplan Leonhard Wagenhaymer an. Dies ist nun wiederum interessant, da Rogler (genannt 1401-1467) ein geborener Vilsbiburger war, im geistlichen Stande. Er war Domherr von Mêlnik in Tschechien und oberster Kaplan von Herzog Heinrich dem Reichen auf der Landshuter Burg. Das „Registrum caritativi subsidii, Anno Domini 1438“, einer Aufschreibung des Regensburger Bischofs nennt die Abgaben, die von der Geistlichkeit zu leisten waren. Hier werden Ulrich Rogler mit seinem Kaplan Heinrich und ein weiterer Kaplan auf dem Altar der heiligen Katharina in der Vilsbiburger Spitalkirche genannt.

 

Aus der Stiftungsbeschreibung der Vilsbiburger Westendorfermesse, welche durch die Witwe Dorothea Westendorfer am 1. April 1456 auf den Georgsaltar der Vilsbiburger Spitalkirche und dem Johannesaltar in die Pfarrkirche gestiftet wurde, geht hervor, dass Ulrich Rogler der Bruder der Dorothea Westendorfer ist. Er ist der Onkel des Pfarrers von Sankt Jodok (ca. 1459 bis 1480) Caspar Westendorfer, Magister und Lizentiat, Rat am Hofgericht (ca. 1470 bis 1477) von Herzog Ludwig. Daraus geht wiederum hervor: Wagenhaymer war Kaplan und Benefiziat der Westendorfer- und Roglermessen.[4] Zusammenfassend war er Kaplan der Jakobus-, Johannes-, der Magdalenen- und Laurentiusmesse in der Vilsbiburger Pfarrkirche und der Michaelimesse in der Spitalkirche.

 
Die derzeit letzten Aufzeichnungen zum Kirchherrn von Sankt Jodok, Pfarrer Caspar Westendorfer sind am 9. April 1480.[5] Nur die Verbindung als Kaplan und Benefiziat der Vilsbiburger Rogler- und Westendorfermessen, zum Chorherrn Ulrich Rogler, Kaplan auf der Burg in Landshut und Caspar Westendorfer, Pfarrer von Sankt Jodok, lassen den Schluss zu, dass Wagenhaymer deswegen auch bei der Sankt Jodokkirche seine letzte Ruhestätte finden konnte.[6]

 

Das Grabmal

Die dargestellte Grabplatte in Rotmarmor ausgeführt, ist sicherlich kein abgebrochenes Teil eines früher größeren Grabmales. Hierbei ist die Inschrift zu zentriert und zum Rand hin sehr eng angelegt. Eine Umrahmung fehlt an allen Seiten. Am unteren Ende ist die Schrift bis zur Hälfte beschädigt, jedoch noch lesbar als: „cuius aia regescat In pace“. Nach dem Tode des Leonhard Wagenhaymer wurde die Grabplatte über seinem Grab an der Wand angebracht. Dies lässt der tadellose Zustand der Schrift erkennen; die Oberfläche zeigt keine Schleif- und Abriebspuren, als wäre die Platte auf dem Boden über seinem Grab gelegen. Die seit dem 14. Jahrhundert auftretende gotische Minuskel zeigt zunächst handwerklich präzis gestaltete Buchstaben, deren Eckigkeit unverziert wiedergegeben wird. Um 1500 werden die einzelnen Buchstabenkörper, insbesondere die Majuskeln der Anfangsbuchstaben in ein künstlerisches Programm eingezogen.

 

Zur Vilsbiburger Michaelimesse auf der Orgelempore der Spitalkirche wäre noch zu berichten: Im Jahr 1686 bemängelt der damalige Kaplan in einem Brief an den Bischof, dass er sich während der Messe auf der Empore, immer wieder über die Brüstung legen muß, um sich zu vergewissern, ob die Gläubigen im Kirchenraum der Messe auch folgen können und noch anwesend sind. Dem war vermutlich nicht so, denn es folgte die „Transferierung“ der Michaelimesse von der Empore herunter auf den Barbara Seitenaltar im Kirchenschiff. Aber noch 1782 steht der kleine Michaelialtar auf der Empore neben der Orgel. Im Vilsbiburger Pfarrarchiv befindet sich der Schriftverkehr, wegen dem „alten hölzernen Altärl bei der Orgel auf der Empore“. Da eine größere Orgel aus der Kirche von Herrnfelden kommen soll, müsste der alte Altar auf der Empore abgebaut werden.

Wagenhaymer war der Kaplan der Vilsbiburger Rogler- und Westendorfermessen. Dass er in Landshut Sankt Jodok bei seinem Geldgeber Pfarrer Caspar Westendorfer und der von diesem am 30. Juni 1470 in die Sankt Jodokkirche gestifteten Kaiser Heinrich- und Kunigundenmesse auf dem Corpus-Christialtar, oder auch von Westendorfer am 6. November 1474 gestifteten Aller Heiligen-Altar, seinen vielleicht letzten Seelsorgedienst in Landshut verrichtet hätte, ist eher unwahrscheinlich, da Wagenhaymer zwei Jahre nach seinem Tod im März 1483 als verstorbener Vilsbiburger Benefiziaten gemeldet wird.

Anhand der damaligen vieler Zuwendungen zur Kirche Sankt Jodok, durch Stiftungen von Messen und den dazugehörigen Häusern für die Stiftskapläne bzw. Benefiziaten, kann von einer gläubigen Zeit ausgegangen werden. Auch Herzog Ludwig der Reiche von Landshut hat, als Caspar Westendorfer Pfarrer in Sankt Jodok war, am 27. Juni 1475 auf den Kreuzaltar von Sankt Jodok eine „ewige“ Messe gestiftet[7]. Vielleicht war dies die Segensmesse für die Verhandlungen zur Vermählung seines Sohnes Georg, fünf Monate später am 14. November mit der polnischen Königstochter Hedwig – der Landshuter Fürstenhochzeit.

Peter Käser

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[1] Bischöfliches Zentralarchiv Regensburg, Vilsbiburg, Signatur 18.

[2] Popp, Marianne, Das Registrum caritativi subsidii von 1438 als Geschichtsquelle, in: Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg, Bd. 30, S. 48. Vilsbiburg: Nr. 899. Nr. 900; 20 Groschen hat Herr Heinrich, Kaplan des Herrn Ulrich Rogler, insgesamt 60 Denare geben.

[3] Archiv des Heimatverein Vilsbiburg (AHV), Schachtel StAV, Nr. 4, Spitalurkunden Hl. Geist. Originalurkunde in Pergament, ohne Siegel.

[4] AHV, Schachtel StAV, Nr. 4 (Spitalurkunden Hl. Geist). Originalurkunde in Pergament ohne Siegel.

> Im Grund- und Saalbuch des Hl. Geist-Spitales von Vilsbiburg vom Jahres 1753 (AHV), Seite 391/3, Kaufbriefe um das Spital eigene Güter, Zehent und Gilten, Nr. 4: um den Zehent von Fraunhofen, Holzhauser Pfarr.

[5] Urkunde im Archiv des Heimatverein Vilsbiburg, Nr. 16, vom 9. IV. 1480: Verkaufsbrief des Bernhard Hueber zu Seyboldsdorf und seiner Hausfrau Franica (Veronika) für Meister Caspar Westendorfer, Kirchherr zu St. Jobst in Landshut und sein neu gestiftetes Spital zu Vilsbiburg.

[6] Käser Peter: Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt Vilsbiburg, 2006, S. 77.

[7] Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte, Bd.9, S. 425.

 

Erschienen in der Vilsbiburger Zeitung am 11. Juni 2009

Der Gründer der Wallfahrt Maria Hilf

Der Kaminkehrer Donatus Orelli kam aus dem Tessin nach Vilsbiburg

„Wer einer Kirche Urheber ist – der ist des Himmels schon ver´gewißt“. So steht es auf dem Grabstein des 1734 verstorbenen Kirchen- und Wallfahrtstifters, aus der italienischen Schweiz stammenden Donatus Orelli. In einer Auswanderungswelle zu Ende des 17. Jahrhunderts ist Orelli von Locarno über Österreich und dem heutigen Tschechien nach Deutschland und als Kaminkehrer nach Landshut und Vilsbiburg gekommen, wo ihm 1678 die Bürgerrechte verliehen wurden. Die Erinnerungen an die Madonna del Sasso auf dem „Sacro Monte“ bei Locarno ließ Orelli fern der Heimat nach einem geeigneten Ort suchen, – einem „Monte“ bei Vilsbiburg – um hier eine Kapelle für Unsere Liebe Frau – Maria Hilf zu errichten. 1686 war es dann auch schon so weit, um hier im März auf dem „Kalvarienberg“ drei Kreuze zu errichten, und zwei Monate später der erste Stein für eine „Feldkapelle“ gelegt wurde. Ein Jahr später war der Kapellen-Rundbau fertig, der Baumeister war kein anderer als der bekannte Maurermeister Christophoro Zucalli, ebenfalls ein italienischer Emigrant. Bei den Nachforschungen merkt man schnell, sie haben sich alle gut gekannt und haben zusammengearbeitet, die „Gastarbeiter“ aus dem südlichen Ausland. Der höchste Beamte in Vilsbiburg, der Churfürstliche Pfleger Antonio Maffei war Italiener und Verwandter des Papstes Clemens XI. Dann war da noch der Vilsbiburger Gastwirt und Handelsmann Lorenz Zenelli und dessen Sohn der Binabiburg Pfarrer Lorenz Zenelli. Die Bauarbeiten wurden natürlich an die südländisch sprechenden Freunde, wie dem „welschen“ oberitalienischen Baumeister Zuccalli und Magazini, dem Vorarbeiter Ganzerre oder dem Stuckateur Nicola Perti vom Comer See übergeben. Drei Mal ist Donatus Orelli nach Rom und 30-mal nach Regensburg gepilgert um seine Stiftungen durchzusetzen. Zurück kam er mit päpstlichen Ablässen und wertvollen Reliquien für seine Kirche Maria Hilf. Auf dem Porträt in der Sonderausstellung ist Donatus Orelli mit zwei Pilgermuscheln an seinem Jackett dargestellt. Die Wallfahrt hatte einen enormen Zulauf; aus der Rundkapelle wurde eine Kirche mit angebauter Wohnung. Dort wohnten die Orellis, da immer wieder Diebstähle in der Kirche vorkamen.

Vier Kinder hatte Donatus Orelli, zwei Töchter und zwei Söhne, von denen der eine Geistlicher wurde und Wolfgang Martin die Familienlinie fortführte. Das Porträt des Wolfgang Martin in der Sonderausstellung stellt ihn im bürgerlichen Festtagesgewand dar: Goldbetresster Rock, rote Weste, Ohrring und Dreispitz. Wolfgang Martin war mit Maria Viktoria Mutteus, einer Vilsbiburger Bürgers- und Ratstocher verheiratet. Sie hatten zwei Töchter und drei Söhne, wovon Johann Georg Joseph Orelli die Familienlinie fortsetzt. In der Sterbematrikel im Vilsbiburger Pfarrarchiv ist genau niedergeschrieben wo der verstorbene Wolfgang Martin am 3. Februar 1753 begraben wurde: in „Ecclesiae B.V.M. in Monte“ – begraben in der Kirche zur heiligen Maria auf dem Berg. Sein Marmor-Grabstein befindet sich heute im Krippengang auf Maria Hilf. Mit dem 13. März 1728 ist der nachfolgende Sohn Johann Georg Joseph in das Vilsbiburger Taufregister eingeschrieben. Als Taufpaten haben sich die Orellis wieder eine Vilsbiburger Persönlichkeit ausgesucht: Johann Georg Mayr, vom Beruf Archigramatäus, ein „Meister des Schreibens“; er war Vilsbiburger Oberschreiber. Der Täufling hat vom Paten die Vornamen erhalten. Ebenso wie sein Vater und Großvater ist Johann Georg Joseph Mesner auf Maria Hilf und Kaminfeger. 1754 heiratet der 27-jährige die Landshuter Bürgers- und Kaufmannstochter Maria Theresia Wäldl aus der Pfarrei Sankt Martin und Kastulus. Beide haben 15 Kinder. Nach dem Begräbniseintrag der Pfarrkirche stirbt Georg Josef mit 61 Jahren am 20. Dezember 1788. Sein Leiden wird mit dem Krankheitsbild der Podagra (= Gicht) und mehreren Schlaganfällen angegeben. Wie bei seinem Vater steht in der Sterbematrikel genau der Begräbnisort: In der Kapelle der Maria Hilf Kirche, vor dem Altar des heiligen Joseph. Heute ist sein Grabstein in der kleinen Seitenkapelle beim linken Aufgang zur Kirche. Von den beiden Letztgenannten befindet sich in der Vilsbiburger Sonderausstellung je ein Portrat auf Öl: Georg Joseph in der Kleidung des Rokoko, grüner Rock und rote Weste, seine Gattin Maria Therese mit weißer Schürze, Schoßmieder, Kleid, dessen Ärmel mit Spitzeneinsätzen, Kopfhaube mit Spitzenrand, Halsband mit Kreuz.

Interessant sind in jedem Fall die bürgerlichen Verbindungen der Orellis im Markt Vilsbiburg und über die Grenzen hinaus, ob dies nun Trauzeugen oder Taufpaten sind. Lateinlehrer, Organisten, Pflegsverwalter oder Bürgermeister, jede Gattung ist hier genannt.

Die neue Sonderausstellung im Heimatmuseum bringt mit den „Vilsbiburger im Porträt“ eine interessante Schau der Bürgerinnen und Bürger des 18. bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Dazu gehört aber unbedingt auch die darauf abgestimmte neue Vilsbiburger Museumsschrift Nr. 11. Hier werden sämtliche in der Ausstellung gezeigten Porträts und persönliches Beiwerk über Zertifikate bis zum Sterbebild genauestens vorgestellt. Die 150-seitige Museumsschrift enthält auch sechs Nachforschungen zu einzelnen Porträts, wie eben die oben genannte Familie Orelli, die von Peter Käser auf 30 Seiten einen interessanten Niederschlag gefunden hat. Sämtliche Museumsschriften sind im Buchhandel oder an der Kasse des Heimatmuseums erhältlich, oder auch online hier.

Vom Mythos verfolgt?


Ein Portrait im Vilsbiburger Heimatmuseum
hat besondere Eigenheiten

Es gibt Menschen, die können ihrem Gegenüber nicht in die Augen sehen. Und dann gibt dieje-nigen, die einen förmlich Anstarren und auch nicht von einem lassen können – man fühlt sich beobachtet.

Haben sie es schon gesehen, das Portrait des Grafen von Seyboldsdorf im Vilsbiburger Heimat-museum? Nein? Dann haben sie sich auch noch nicht von seinen klaren und stechenden Augen verfolgt gefühlt. Auf dem Blick des jungen Herrn Grafen lastet ein besonderer Mythos, dem sich die Seyboldsdorfer Klosterschwestern gerne entledigten. Johann Franz Xaver Cajetan Anton Georg Adam Graf von und zu Freyen-Seiboltstdorff war erst im 29 Lebensjahr. Dennoch war er schon im hohen Rang ausgezeichnet mit dem gestickten Stern des Großmeisters des adeligen Ritterordens vom Sankt Michael und nannte sich des Heiligen Römischen Reiches Graf von und zu Freyen-Seyboltstorff auf Mauern, Herr der Hofmarken Deuten- und Göttlkofen, Lichtenhaag, Vilssattling und Leberskirchen, Ober- und Niederaichbach. Seiner churfürstlichen Durchlaucht in Bayern Kämmerer und Regierungsrat in Landshut, Kommandeur des Hochritterordens Sankt Michael, Mitglied der Landschaft. Die Verleihung des Ritterordens könnte dann auch der Grund gewesen sein, sich im Portrait malen zu lassen. Der junge Herr Graf saß vor der Staffelei des Landshuter Malers Wolfgang Simon Gröz. Er schaut erhobenen Hauptes mit stechenden und glänzenden Augen auf den Betrachter. In modischer barocker Kleidung des Jahres 1739, mit blauem Rock, den gold verzierten Ärmelstulpen, blauer Schärpe und weißer Perücke, konnte der noch ledige Franz Xaver Cajetan auch auf Brautschau gegangen sein, denn 1741 heiratet er Ma-ria Eleonora, die Reichsfreiin von Haacke. Der Maler Wolfgang Gröz, welcher 1720 die Lands-huter Bürgerrechte erhalten hatte, ließ sich beim Portraitieren des Herrn Grafen etwas Besonde-res einfallen, das einen nachhaltigen Mythos über das Gemälde legte.

Nachdem im Sommer 1951 Reichsgraf Ludwig, der Letzte der Seyboldsdorfer Grafen an den Starnberger See gezogen war, stand das Schloss nicht lange leer. Er verkaufte es an den Schwe-sternorden der Magdalenerinnen welche aus ihrem schlesischen Kloster in Lauban 1945 vertrie-ben wurden; 1952 zogen sie in das Schloss Seyboldsdorf ein. Die Ahnen-Gemäldegalerie von Schloss Seyboldsdorf hatte der Graf dem Archiv in Landshut vermacht, und dennoch war das Schloss nicht ganz leer; das Portrait des jungen Grafen Johann Franz Xaver Cajetan war noch vorhanden. Und es durchzog ein Unbehagen das historische Schlossgemäuer – die Klosterschwe-stern fühlten sich von seinen Augen verfolgt. Die Technik des Portraitisten ermöglichte es; Jo-hann Franz Xaver konnte den Raum in jedem Blickwinkel einsehen. Gespenstisch fühlten sich die ehrwürdigen Schwestern von seinen glänzenden Augen in jeder Richtung verfolgt. Es wurde beschlossen, das Portrait, ja den ganzen brocken Bildaufbau dem Heimatverein Vilsbiburg für sein Museum zu übereignen. Und da hängt nun der im Jahr 1774 verstorbene Graf von Sey-boldsdorf. Seine Ehefrau Maria Eleonora, hat dem verstorbenen Gatten ein außerordentlich sinn-reiches Grabmal mit einer Familien-Ahnenprobe in der Pfarrkirche Seyboldsdorf errichten las-sen.

Die Abstammung
Franz Xaver Cajetan war der älteste Sohn von Maria Anna Violanta Gräfin von Seyboldsdorf, eine geborene Freifrau von Lerchenfeld-Aham (geboren 1681, vermählt 1702, gestorben 1756). In jungen Jahren hatte sie den Herrn der Hofmarken Mauern, Hörgertshausen und Thulbach ge-heiratet, den Kurbayerischer Kämmerer und Hofrat, Reichsgraf Johann Franz Ignaz von und zu Freyen Seyboltstorff (geboren am 6. August 1673).
Leider verstarb ihr Gemahl schon im Alter von 39 Jahren am 19. Januar 1711. Nun musste sie die drei Hofmarken bis zur Volljährigkeit ihrer Kinder verwalten. Erschwerend kam dazu, dass sie auch die Hofmarken ihres verstorbenen Bruders, Deutenkofen, Günz- und Göttlkofen geerbt hatte. Diese Bürde mag sie dazu bewogen haben, mit 51 Jahren noch einmal zu heiraten. Der Reichsfreiherr Georg Sigmund von Hegnenberg war der Erwählte. Am 1. Mai 1756 war Maria Anna Violanta auf Schloss Deutenkofen verstorben. Eine prächtige Grabplatte in der dortigen Schlosskapelle erinnert an sie. Aus der ersten Ehe mit Johann Franz Ignaz zu Freyen-Seyboltstorff gingen drei Söhne hervor: Korbinian Franz Adam Veit Joseph, geb. 28.08.1703, gestorben am 9.12.1770. Georg Carl Anton Alois Adam, geb. 12.06.1708, erhielt 1742 die Pfar-rei Velden, wurde am 25. Oktober 1758 zum Dekan des Rural-Dekanats Dorfen ernannt und starb am 9.11.1762 als Pfarrer von Velden auf Schloss Biedenbach, welches er neu erbauen ließ und als Pfarrhof nutzte.
Der im Museum Vilsbiburg dargestellte, am 2. Dezember 1710 geborene Reichsgraf Johann Franz Xaver Cajetan von Seyboltstorff war der jüngste Sohn von Maria Anna Violanta und Jo-hann Franz Ignaz. Mit dem Kauf der Hofmarken Ober- und Niederaichbach im Jahr 1762 hatte sich Johann Franz Xaver erheblich verspekuliert. Eigentlich wollte er sein Herrschaftsgebiet Deuten- und Göttlkofen durch diese Erwerbungen erweitern. Schulden von über 100.000 Gulden waren das Resultat der Spekulation. Dazu wurde er auch noch für die Steuerschulden seiner Vorgänger verantwortlich gemacht, da diese in der Vergangenheit die Steuern schuldig geblie-ben waren. Dies drückte natürlich auf das Gemüt des alternden Grafen. Am 25. Mai 1774 ist er 64jährig verstorben. Seine Gemahlin war die 1722 geborene Reichsfreiin Maria Eleonora von Haacke. Die Vermählung war 1741, sie starb 60jährig am 11. März 1782.
Drei Söhne gingen aus der Ehe hervor: Christoph Maria Sigmund; Veit Franz Xaver und der Geistliche Ferdinand Alois, Domkapitular von Regensburg und Freising. Alle drei sind in der Pfarrkirche von Seyboldsdorf begraben.

Das Grabmal
Das Grabmal des im Museum dargestellten Johann Franz Xaver Cajetan ist in der Pfarrkirche von Seyboldsdorf, rechts im dritten südlichen Joch. Die Inschrift benennt in glorifizierenden Worten: „Johann Franz Xaveri des Heiligen Römischen Reiches Graf von und zu Freyen Sey-boldsdorf, Hörgertshausen, Deuten- und Göttlkofen, Lichtenhaag, Vilssattling und Leberskir-chen, dann Ober- und Niederaichbach, Kammerer seiner kurfürstliche Durchlaucht in Bayern, Regierungsrat in Landshut, Landsteuereintreiber des Rentamtes Landshut und Träger des hohen Ritter Ordens des Sankt Michael, Großkreuzer. In Gott selig entschlafen den 25. Mai 1774 im 64. Jahr seines tugendvollen Alters. Sanftmut, Gütig- und Freigebigkeit haben ihm bei jeder-mann Liebe und Achtung, dort aber ungezweifelt einen gnädigen Richter erworben. Seine unge-heuchelte Gottesfurcht, Andacht und Gerechtigkeitsliebe werden den Lohn erhalten haben, der den Frommen und Gerechten versprochen ist.“
Seine Gattin die Reichsgräfin Maria Eleonore lässt das Grabdenkmal ihrem geliebten Gemahl errichten, „diejenige welche im Leben mit ihm vereinigt war, und deren Gebeine mit den seini-gen hier ruhen werden“.

Nach dem Tode von Johann Franz Xaver 1774 hatte die Gräfin bis zu ihrem Tode 1782 als Or-dendame die Abgeschiedenheit gewählt und ist in ein Kloster gegangen. Auf dem Grabstein steht, dass Maria Eleonora Gräfin von und zu Freyen Seyboltstorf, geb. Freiin von Haacke „auf Schwainesbainth, Schrabblau, Winterburg und Sternkreutz“ als Ordensdame im Alter von 60 Jahren am 11. März 1782 ihrem Gemahl gefolgt ist und hier bei ihm begraben liegt.

Auf dem Grabstein befindet sich eine so genannte Ahnenprobe. Es sind Darstellungen von Fa-milienwappen, welche zur Zulassung für eine Adelsvermehrung im Wappen z. B. wie hier bei Johann Franz Xaver zum Reichsfreiherrn und Grafen nötig waren. Die Ahnenprobe besteht zu-erst einmal aus vier Familienwappen (Freiherren), dann aus acht Wappen (Grafen), und die zwei Ehewappen der Familienlinien Seyboldsdorf/Lerchenfeld – und seiner Gattin der Adeligen Haacke/Stinglheim.

Das Portrait
Das Portrait auf Leinwand zeigt den jungen Grafen Johann Franz Xaver Cajetan, als einen freundlichen jungen Adeligen von männlicher Schaffenskraft – und trotzdem hat das Portrait etwas Unheimliches an sich. Man muß ihn gesehen haben, den Blick des Grafen der in jedem Blickwinkel auf den Betrachter wirkt – man fühlt sich von den großen glänzenden Augen ver-folgt. Die vom Maler angewandte Technik ist einfach aber wirksam, und gibt dem Gemälde eine besondere Note. Dem Mythos der Seyboldsdorfer Klosterschwestern ist der Graf durch die Schenkung an das Vilsbiburger Museum entschwunden.
Beim Eingang zur derzeitigen Sonderausstellung „… viel köstlich Wachsbild – die Lebzelterfa-milie Lechner“ kann der junge Graf von Seyboldsdorf mit seinem verfolgenden Blicken von den Museumsbesucher in Augenschein genommen werden.

Peter Käser

Das Portrait des Grafen Johann Franz Xaver von und zu Freyen Seyboldsdorf, im Museum Vils-biburg.
Das Grabmal des Grafen Johann Franz Xaver und seiner Gemahlin Maria Eleonora in der Pfarrkirche Seyboldsdorf.

Der Stein von Buja begründete die Partnerschaft

Heimatmuseum zeigt umfangreiche Dauerausstellung über das Ziegelhandwerk

Vilsbiburg. Es ist wie immer, wenn eine große Sonderausstellung zu Ende gegangen ist und die Vorbereitungen für eine neue auf vollen Touren laufen. In diesem Zwischenraum müssen die Museumsbesucher ihren Fokus auf die übrigen rund 900 Quadratmeter umfassenden Ausstellungsflächen richten und werden feststellen, dass hier noch viele unentdeckte Kostbarkeiten schlummern. Das gilt besonders für die Abteilung „Ziegelpatscher und Ziegelbrenner im Vilsbiburger Land“, die räumlich so weit entfernt vom Eingang untergebracht ist, dass manche Gruppen ihren Rundgang schon vorher wegen Zeitnot beenden. Doch im III. Obergeschoss des ehemaligen Spitalgebäudes kann man nicht nur den spannenden Wirtschaftskrimi eines knallharten Gewerbes erleben, es sind die Wurzeln der höchst lebendigen Städtepartnerschaft zwischen Buja und Vilsbiburg zu besichtigen. Und vor allem der „Stein des Anstoßes“, der zu dieser internationalen Freundschaft geführt hat.

„BUIA SANTI ANGELO STANSTI“ lautet der Schriftzug auf einer Ziegelplatte, der irgendwann vor mehr als 30 Jahren im Heimatmuseum für Kopfzerbrechen sorgte. Der Stein kam aus dem Bereich der Gemeinde Bodenkirchen, wo er in einem landwirtschaftlichen Anwesen über Jahrzehnte Teil des Fußbodens in der bäuerlichen Stube war. Es war dem damaligen Beiratsmitglied Dr. Fritz Markmiller vorbehalten, neben dem Namenszug, der mit großer Wahrscheinlichkeit auf einen italienischen Ziegelarbeiter hindeutet, die Ortsbezeichnung „Buia“ mit einer Kommune in der Provinz Friaul nahe der Großstadt Udine in Verbindung zu bringen. Der Dingolfinger Kreisheimatpfleger wusste auch von Arbeitern zu berichten, die im späten 19. Jahrhundert und bis zum I. Weltkrieg Jahr für Jahr den weiten Weg nach Bayern auf sich nahmen, um hier den Sommer über in einer der zahlreichen Ziegeleien ihr karges Brot zu verdienen.

Da traf es sich gut, dass sich zum ersten großen Schülertreffen im Jahr 1979 auch ein steinalter Italiener und gleichzeitig geborener Vilsbiburger eingefunden hatte. Dr. Domenico Calligaro war 1890 nahe dem Vilsufer zur Welt gekommen und mehrere Jahre in dem kleinen Marktflecken in den Kindergarten und zur Schule gegangen. Beweisen konnte er dies durch ein gar nicht so schlechtes Zeugnis aus der hiesigen Bildungsstätte. Es erwies sich als sehr günstig, dass Lambert Grasmann, schon damals Leiter des Heimatmuseums, diese Stecknadel im Heuhaufen der rund 3.000  ehemaligen Schüler fand. Der alte Herr konnte nämlich viel von seinem Vater Luigi Calligaro erzählen, der lange als Ziegelakkordant tätig war. Heute würde man ihn wohl als Inhaber einer Leiharbeitsfirma bezeichnen. Der Akkordant warb in seiner Heimat Arbeiter an, die er in Vilsbiburg und anderen Orten an die Besitzer der Ziegeleien vermietete. Und somit kannte Calligaro die beiden Seiten der Medaille: den Grund, warum die stolzen Italiener ihre Heimat verließen und die besonderen Arbeitsbedingungen, die sie jenseits der Alpen vorfanden.

Der Rest ist schnell erzählt: Noch im Jahr des Schülertreffens besuchte Grasmann Dr. Domenico Calligaro in Buja und kehrte mit vielen wertvollen Informationen nach Hause zurück. Mit der Zeit reifte die Idee, diesen interessanten Aspekt der Arbeits- und Sozialgeschichte in einer Sonderausstellung zu präsentieren, die dann im Jahr 1997 realisiert wurde. Für weitere Recherchen und die Einholung von Leihgaben reiste Lambert Grasmann zusammen mit Franz Grötzinger ein weiteres Mal nach Oberitalien. Zur Eröffnung der Sonderschau kamen erstmals Gäste aus dem Friaul in das Heimatmuseum. Es entwickelten sich enge Kontakte, die in Gegenbesuche und schließlich in eine Städtepartnerschaft mündeten, die auf einer gemeinsamen Historie basiert. So war denn ein eher unscheinbarer Stein mit einer etwas ungelenken Inschrift der Anstoß für die völkerverbindende Freundschaft zwischen Buja und Vilsbiburg.
Veröffentlicht in der Vilsbiburger Zeitung am 7. März 2012.


Ein italienischer Ziegelarbeiter wollte offenbar seinen Namen und den Herkunftsort der Nachwelt mitteilen. Geführt hat dies zu der Städtepartnerschaft zwischen Buja und Vilsbiburg.

Bürgermeister Haider enthüllt Gedenktafel für seinen Vorgänger Michael Winkler

 

Vilsbiburg. Er war ein Bürgermeister, der auf breiter Front neue Entwicklungen angestoßen hat. In die 20-jährige Amtszeit von Michael Winkler von 1897 bis 1917 wurde noch vor der Jahrhundertwende das elektrische Licht nach Vilsbiburg gebracht. Wie Museumsleiter Lambert Grasmann weiter berichtete, sei bereits 1902 der erste Kindergarten, damals „Kleinkinderbewahranstalt“ genannt , eröffnet worden und drei Jahre später habe man die im Wesentlichen noch heute gebräuchliche Hausnummerierung eingeführt. Im Jahr 1912 sei mit der Eröffnung der Kraftpostlinien von Vilsbiburg nach Velden und Reisbach ein schon lange gehegter Wunsch des Bürgermeisters und seiner Markträte in Erfüllung gegangen.

 

Dass sich am vergangenen Freitag eine kleine Gruppe von Leuten, darunter auch Besucher aus dem Ausland im Spitalgarten zusammen fanden, ist einer weiteren Vision von Michael Winkler geschuldet. „Es gehört ja auch zu den Zwecken des Unternehmens, die fast in vollständiges Dunkel gehüllte Geschichte des Ortes und des Bezirks Vilsbiburg allmählich aufzuhellen.“ Dies verkündete der Magistrat des Marktes Vilsbiburg unter dem Vorsitz des Bürgermeisters Mitte 1909 und mit dem „Unternehmen“ war ein Ortsmuseum gemeint, das nach relativ kurzer Aufbauphase Ende 1910 im Haus Kirchenweg eröffnet und von Michael Winkler offiziell in die Obhut der Kommune übernommen wurde. Somit war das Gemeindeoberhaupt noch vor der aus honorigen Bürgern bestehende Museums-Commission der eigentliche Gründer der seit mehr als hundert Jahren erfolgreich tätigen Kultureinrichtung.

 

Das Treffen im Spitalgarten wäre nicht möglich gewesen, hätte nicht Franz Klopfer vor rund 30 Jahren bei der Auflösung der Winklerschen Familiengruft die Grabplatte sichergestellt. „Ich fand sie einfach zum Wegwerfen zu schade“, gab der Steinmetzmeister als Motiv an – zum einen wegen des historischen Hintergrundes und zum anderen wegen der schönen Schrift. Von dieser war allerdings kaum mehr etwas zu sehen, als die Vorstände des Heimatvereins die Tafel zum ersten Mal zu Gesicht bekamen. Gleichzeitig war aber auch erkennbar, dass man sie mit vertretbarem Aufwand restaurieren werde können. Spontan sagte Bürgermeister Haider zu, die Kosten dafür, die einer kleinen Zusatztafel und das Anbringen an der Außenwand der Spitalkirche aus dem Haushalt der Stadt zu übernehmen.

 

So wurde denn dieses neue Merkzeichen aus der Vilsbiburger Geschichte bei einem kleinen Festakt vom Stadtoberhaupt enthüllt. Haider sagte, er sei dankbar, dass Franz Klopfer den Stein gesichert und der Heimatverein die Initiative für eine würdige Präsentation ergriffen habe. Schließlich sei Winkler nicht nur Vilsbiburger Ehrenbürger gewesen, sondern auch von König Ludwig III. bei dessen Besuch in Vilsbiburg im Jahr 1914 persönlich mit dem Verdienstkreuz des Ordens vom Heiligen Michael ausgezeichnet worden.

 

Besonders erfreut über den Anlass war neben einigen Aktiven des Heimatvereins auch eine Nachfahrin des Brauereibesitzers. Ellen Meyrat-Schlee war mit ihrem Gatten Franz Biffinger eigens zu diesem Anlass aus der Schweiz angereist. Die Urenkelin, die in Vilsbiburg auch ein Jahr zur Schule gegangen war, berichtete, Winkler habe seine Braustätte mit Gasthaus am Vilsbiburger Marktplatz im Jahr 1852 erworben. Im Jahr 1923 seien die beiden Anwesen abgebrochen worden um der heutigen Sparkasse Platz zu machen.

 

Somit erinnert von nun an ein kleines Denkmal im Spitalgarten an einen bedeutenden Vilsbiburger Bürgermeister, der sich in einer Epoche, die man bei großzügiger Auslegung noch als die Gründerzeit bezeichnen kann, nicht nur dem technischen Fortschritt verschrieben hat, sondern auch stets die kulturelle und historische Identität Vilsbiburgs im Auge behalten hat.

 

 

Bürgermeister Helmut Haider enthüllt die Grabplatte seines Vorgängers und früheren Ehrenbürgers Michael Winkler.
Ellen Meyrat-Schlee aus Bern (Mitte) freut sich zusammen mit ihrem Mann Franz Biffinger (4. von links), Bürgermeister Helmut Haider, Steinmetzmeister Franz Klopfer (3. von rechts) und den Aktiven des Heimatvereins über das gelungene Werk.

Die Pfarrkirche Vilsbiburg sollte um 1910 umgebaut werden

Nach der Jahrhundertwende wollte man das Vilsbiburger Gotteshaus mit einem gewaltigen Erweiterungsbau zum „Dom des Vilstales“ machen. Der Kirchenbau sollte im Bereich des Chorbogens in einem Teilabriss und vollkommen neuer Konzeption niedergelegt und dann mit drei weiteren Fensterjochen und einem Querschiff in Kreuzform und seitlichen Emporen angebaut werden. In einem Wettbewerb stellte der Münchner Architekten Joseph Elsner junior 14 Pläne im Dezember 1907 vor  – viele farbig auf Karton aufgezogen. Elsner hätte mit dem Kircheneu-/anbau alles vorher da gewesene in den Schatten gestellt.
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Vor über 400 Jahren wurden im Vilsbi-burger Ziegelhof, oder auch genannt der Ziegelstadel, schon zu damaliger Zeit eine Menge an verschiedenem Zie-gelmaterial hergestellt wurde. Im Vilsbi-burger Pfarrarchiv befinden sich bei den Abrechungen zum Gotteshaus ab dem Jahr 1657/58, auch die alljährlichen Zie-gelstadelrechnungen. Der alte Bestand der verschiedenen Ziegel war darin auf-geführt, dann die im Arbeitsjahr herge-stellten großen Ziegelsteine, dem Riglstein (= halber Ziegelstein), große und kleine Pflastersteine, Hacken und Preisen (= Dachbedeckung, Mönch und Nonne) und Flatach oder Taschen (= Dachbedeckung, Biber-Schindel).

Interessant ist, dass diese Ziegelei weitum die einzige war, ja sogar von Landshut werden Ziegel geholt. Nach dem großen Brand von Vilsbiburg im Jahr 1366, wurden zum Neuaufbau des Gemäuers und der Dacheindeckung, nun sicherlich die Ziegel aus dem Vilsbiburger Ziegelstadel genommen.
Zu „Unser Lieben Frauen Gottshaus“ und „Pfarr Kirchen zu Vilsbiburg“ gehörte auch ein Ziegelhof oder Ziegelstadel. Die Bezeichnung Ziegelstadel könnte heute gleich-lautend sein mit einer Ziegelei, beinhaltend einen Ziegel-Brennofen, Ziegelhütten und Lehmgrube.
In einer Urkunde des Vilsbiburger Stadtarchivs vom 10. August 1497 befindet sich die derzeit älteste Nennung über den Vilsbiburger Ziegelhof: Wolfgang Mairhofer „an der Zeit auff dem Zieglhoff ze Piburgk gesessen“. Er und seine Ehefrau Margarethe übergeben mit weiteren Verwandten, so genannte Leibgedinganteile an das hiesige Spital und die St. Katharinenkirche (= Spitalkirche).
Mit dieser Untersuchung zur Ziegelei der Vilsbiburger Pfarrkirche, konnte wiederum ein Teilbereich der historischen Nachforschung zur Stadt Vilsbiburg abgedeckt wer-den.
Peter Käser
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Im Jahr 1883 wird die Bahnstrecke Neumarkt-St. Veit – Landshut eröffnet

 

Vilsbiburg. Es ist eine beispiellose industrielle Revolution: Die bis dahin über Jahrhunderte einzig verfügbare Fortbewegungsart mit Pferd und Wagen wird in wenigen Jahrzehnten von einem vernetzten Verkehrsmittel abgelöst, das die Reisezeiten drastisch verkürzt. Die völlig andere Art des Fahrwegs aus Eisen gibt der Bahn ihren Namen und schafft gleichzeitig die Voraussetzungen für einen ungeahnten Aufschwung. Neue Transportmöglichkeiten ermöglichen einerseits den Aufbau einer Schwerindustrie, andererseits schafft der Bahnbau in kurzer Zeit eine gewaltige Nachfrage an Eisen, Stahl und Maschinen. Es beginnt sich ein wirtschaftliches Schwungrad zu drehen, das in dieser auch „Gründerzeit“ genannten Epoche nicht wenige Industrielle zu unverschämtem Reichtum, die untere Schicht des einfachen Volkes aber zu verschämter Armut führt.

 

Diese sozialen Verwerfungen sind in den ländlichen Regionen Niederbayerns nicht im vollen Umfang spürbar. Doch man erkennt auch hier die Zeichen der Zeit und will einen Zugang an das sich ausbreitende Eisenbahnnetz. Als bekannt wird, dass die Königliche Actiengesellschaft der Bayerischen Ostbahnen eine Strecke von Erding über das Vils- und Rottal nach Schärding plant, schließt sich die Marktgemeinde Vilsbiburg im Jahr 1863 einem Lobbyverein an, der dieses Projekt forcierten soll. Doch schnell stellt sich diese Linienführung als Illusion heraus. Bis zum nächsten Vorstoß gehen weitere 14 Jahre ins Land. 1874 wendet sich der Markt Vilsbiburg an die Kammer der Abgeordneten in München mit der Bitte, eine Bahnstrecke von Gangkofen über Vilsbiburg nach Landshut zu genehmigen. Doch auch dieser Vorschlag fällt auch wenig fruchtbaren Boden.

 

Das Kriegsministerium entscheidet

 

Schützenhilfe bekommen die Vilsbiburger ausgerechnet von den Militärs. Deren Überlegungen orientieren sich aber nicht an der Erschließung des Landes. Dem Königlichen Kriegsministerium schwebt vielmehr eine direkte Verbindung zwischen Freilassing über die Knoten Mühldorf, Neumarkt an der Rott und Landshut zur Festung Ingolstadt vor. Auch wenn das Teilstück nördlich der Isar nie verwirklicht wird, geht es nach diesem mächtigen Beistand auf einmal schnell. Am 1. Mai 1878 teilt das Bezirksamt der Gemeinde Vilsbiburg mit, die Planungen für die Bahnstrecke würden demnächst beginnen und es sei sicherzustellen, „dass die Projektierungsarbeiten in keiner Weise behindert werden dürfen“. Im Frühjahr 1880 legt die Generaldirektion der Königlich Bayerischen Staatsbahnen den Detailplan für den Streckenabschnitt von Landshut nach Neumarkt vor. Ein feierlicher Erster Spatenstich lässt sich in den Archivalien nicht nachweisen; wahrscheinlich findet er auch nie statt. Zunächst werden wohl die zahlreichen Hochbauten ausgeführt. Eine Ausschreibung für die Brücken über die Große und Kleine Vils findet sich im Amtsblatt des Bezirksamtes Vilsbiburg vom Juni 1881.  

 

Der Schienenstrang erreicht Vilsbiburg

 

Am 11. Juli 1883 meldet die örtliche Presse, die Bahnstrecke habe am Abend vorher mit der Schienenlage Vilsbiburg erreicht. Wie sehnlich der neue Verkehrsweg hier offenbar erwartet wird, zeigt die Tatsache, dass schon im September 1883, also vor der offiziellen Inbetriebnahme, die ersten Wagenladungen mit Kalk und Kohle für die Firma Franz Xaver Hardt eintreffen. Der Vilsbiburger Anzeiger“ begleitet den Bahnbau ohnehin mit großem Wohlwollen und führt weiter aus: „Schon die günstige Lage des Bahnhofs in nächster Nähe dieses lebhaften und gewerbsamen Marktes ist dazu angetan, Handel und Gewerbsthätigkeit zu sichern und zu vermehren, sowie andererseits von Seite der Gewerbetreibenden gewiß Alles aufgeboten wird, die Kunden und Besucher Vilsbiburgs in jeder Weise auf’s Best zu befriedigen.“

 

Am 4. Oktober 1883 wird die Eröffnung der Bahnstrecke mit dem üblichen Pathos, vielen Ehrengästen und einen Extrazug begangen. Ab dem 15. Oktober tritt dann der erste reguläre Fahrplan in Kraft, der pro Tag drei Zugpaare zwischen Neumarkt an der Rott und Landshut vorsieht. Von Vilsbiburg kann man um 5.34 Uhr, 10.00 Uhr und 5.01 Uhr nachmittags nach Landshut reisen; um 7.00 Uhr, 2.25 Uhr nachmittags und 6.16 Uhr abends fahren Züge zurück. Nachdem die neue Schienenverbindung als Sekundärbahn eingestuft und auf eine Geschwindigkeit von 30 km/h beschränkt ist, dauert die Reise von der Isar an die Vils eine Stunde und 20 Minuten. Ein Aushang weist jedoch ausdrücklich darauf hin: „Bei Sturmwind verkehren keine Züge!“

 

In den nächsten 130 Jahren erlebt die Strecke eine wechselvolle Entwicklung. Vielleicht wird sie sogar einmal zweigleisig und elektrifiziert zum Teil einer Magistrale von den Ostseehäfen zum Mittelmeer. Derartiges ist jedenfalls in einer Randnotiz zum Bundesverkehrswegeplan als Möglichkeit angedacht. Es kann aber auch sein, dass diese Vision ebenso wie jene einer Militärbahn von Ingolstadt nach Freilassing endet.

Bis in die 1970er Jahren werden die meisten Züge von Dampflokomotiven gezogen. Hier die Einfahrt einer Eilzuglok der Baureihe 38 beim Schrankenposten an der Landshuter Straße
Das Foto aus dem Jahr 1882 zeigt den Neubau der Station Vilsbiburg. Rechts im Hintergrund die bereits fertiggestellte Bahnhofs-Restauration.
Die Belegschaft des Bahnhofs Vilsbiburg in der Zeit um 1900. In dem niedrigen Anbau rechts ist das Postamt Vilsbiburg 2 untergebracht. (Fotos: Archiv Heimatmuseum Vilsbiburg)