Handwerk mit tausendjähriger Tradition
Sonderausstellung im Museum berichtet von alten Glasern und Zinngießern
Vilsbiburg. Sie gehören beide zu den ältesten Berufen auf unserem Erdball. Schon aus der Steinzeit um das Jahr 7000 v. Chr. kennt man die ältesten Funde verarbeiteten Glases. Rund 4000 Jahre später beginnt in Ägypten bereits die organisierte Fertigung von Schmuckstücken und kleinen Gefäßen aus Glas. Neben den Glasern blicken auch die Zinngießer auf eine vergleichbar lange Historie zurück. Archäologische Funde alter Zinnbronzen im heutigen Serbien werden von Wissenschaftlern auf den Zeitraum um das Jahr 4500 v. Chr. datiert. Aus dieser langen Tradition entwickeln sich die beiden Handwerke überwiegend parallel bis in die Neuzeit hinein.
Am weitesten verbreitet sind Geschirre aus Zinnguss im späten Mittelalter. Durch die Ausweitung der Handelswege kommen besonders die Städte zu einem höheren Lebensstandard. Die Bürger sind nicht mehr auf Holz oder Keramik angewiesen, sondern können sich nun als Ersatz für das sehr teure Silbergeschirr Teller, Kannen und andere Haushaltsgeräte aus Zinn leisten. Eines der ersten Zentren der Zinngießerei ist die Freie Reichsstadt Nürnberg wo man von den nahe gelegenen Zinnvorkommen in der Oberpfalz und im Erzgebirge profitiert. Um das Jahr 1500 nimmt die Vielfalt der Geschirrarten und der Formen deutlich zu. Typisches Beispiel sind die so genannten Ratsherrenkannen, die immer reicher verziert eine herausgehobene Stellung des Besitzers repräsentieren. Gleiches gilt für die mit Wappen oder Zeichen der jeweiligen Zünfte verzierten Trinkgefäße. In traditionsreichen Bratwurstküchen bekommt man noch heute seine Brotzeit mit Kraut auf Zinntellern serviert.
Verbindung über den Schmelzofen
Ein Gerät in der gemeinsamen Werkstatt ist die Klammer zwischen den Berufen des Zinngießers und des Glasers: der Schmelzofen. In ihm wird Zinn bei 231 Grad verflüssigt, für Blei benötigt man genau 100 Grad mehr. Letzteres Material verwendet der Glaser für die Einfassung historischer Fenster. Dabei muss jedoch stets peinlich genau auf strikte Trennung der beiden Metalle geachtet werden. Können aus der Vergangenheit noch in zahlreichen Städten und Märkten Werkstätten nachgewiesen werden, in denen die Berufe es Zinngießers und Glasers unter einem Dach vereinigt sind, findet man heute in ganz Bayern nur noch zwei: je eine in Traunstein und Bayreuth.
Zu besonderem Ruhm steigt bereits Hochmittelalters die Glasherstellung in Venedig auf. Hauptsächlich wegen der Feuersgefahr hat man dort die Glaser auf die Insel Murano verbannt wo sie noch heute viele Touristen anlocken. Ein weiteres Betätigungsfeld für diese Berufsgruppe ergibt sich durch die Herstellung von Fensterglas, das zusammen mit dem gotischen Baustil in Frankreich erfunden wird. Dabei wird eine vorgeblasene Kugel durch Drehen zu einem Teller geformt, von dem der Mittelteil als Teil der Fensterscheibe Verwendung findet. Wegen seiner Form bezeichnet man dies auch als Mondglas; später bürgert sich der Ausdruck Butzenglas ein. Erst nach dem Dreißigjährigen Krieg wird ein Verfahren entwickelt bei dem geschmolzenes Glas auf einem Tisch ausgewalzt wird. Damit lassen sich nun zunehmend größere Scheiben produzieren. Von da ab wird bis in unsere Tage die Herstellung von Flach- und Hohlglas immer weiter verbessert. Heute laufen die meisten Produktionsvorgänge automatisch ab.
Auch in der Vilsbiburger Handwerksgeschichte sind zwei Betriebe nachweisbar, die als Glaser- und Zinngießer firmieren. Lambert Grasmann beschreibt in der Vilsbiburger Museumsschrift Nr. 17 die Werkstatt des Franz Kröner im Eckhaus, heute Obere Stadt 2. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird dort auch ein Ladengeschäft eingebaut, in dem neben anderen Geschirren auch Kröninger Ware verkauft wird. Durch Heirat mit Anna Kröner übernimmt später Franz Putz die Firma, dessen gleichnamiger Sohn sie bis weit in die Zeit nach dem II. Weltkrieg weiterführt. In der Mitte des 19. Jahrhunderts ist in diesem Anwesen übrigens der Tuchmacher Josef Kremplsetzer nachweisbar, dessen Sohn Georg zu dieser Zeit bereits in München als Musiker und Tondichter Erfolge feiert. Der zweite Handwerksbetrieb dieser Art ist jener von Otto Hönig im Inneren Markt. Dieser verkauft das Unternehmen im Jahr 1895 an Vinzenz Beer, der es zehn Jahre später in das benachbarte Anwesen, heute Stadtplatz Nr. 14 verlegt. Noch bis in die Zeit um die Jahrtausendwende sind dort die Glaserei und das Geschäft mit Haushaltswaren bekannt.