Eduard Schleich d. Ä.
Ein Dichter mit Pinsel und Farben
Ein Stück von Eduard Schleich d. Ä. ist in seine Heimat zurückgekehrt
„Was uns Eduard Schleich hinterlassen hat, ist mehr als ein Gemälde der Heimat, das ein Meister der Malerei nachdeutend geschaffen; es ist ein Märchen der Heimat, das ein Dichter vorträgt.“ Mit diesen Worten hat der bekannte Kunstkritiker Hermann Uhde-Bernays vor etwas mehr als 80 Jahren die Lebensleistung eines Künstlers gewürdigt, der im Jahr 1812 im Schloss Haarbach zu Welt kam, dem man an der Akademie geraten hat, er solle lieber Schuster werden, der dann seinen eigenen Stil gefunden und damit die Landschaftsmalerei geprägt hat und schließlich – hoch dekoriert – 1874 in München gestorben ist. Der Kunsthistoriker Dr. Helmut Kronthaler, stellte ein Werk des Meisters, das der Heimatverein für seine Sammlungen erwerben konnte, bei einem Museums-Abend vor.
Die Idee, ein Stück von Schleich in seine Heimat zurück zu holen, sei so kurz nach Wiedereröffnung des Museums nur mit einer großzügigen Spende realisierbar gewesen. Vorsitzender Peter Barteit dankte Fritz Dräxlmaier für seine spontane Bereitschaft, dem Heimatverein tatkräftig unter die Arme zu greifen. Dr. Helmut Kronthaler vermittelte in seinem Vortrag die Wichtigkeit, den großen Sohn des Vilsbiburger Landes wieder ins Bewusstsein zu rücken. Wie kein anderer habe er der Landschaftsmalerei in Deutschland neue Dimensionen aufgezeigt und sei so im 19. Jahrhundert populärer gewesen als sein Freund und Weggefährte Carl Spitzweg.
Schleich soll Schuster werden
Dass der junge Niederbayer aus adeligem Haus an der Akademie der Bildenden Künste kein Bein auf die Erde bekam, ist laut Dr. Kronthaler nicht weiter verwunderlich. Die heroische Kunst-Auffassung im klassizistischen Stil eines Peter Cornelius konnten Schleich nicht inspirieren. Es spricht für die Charakterstärke des jungen Mannes, dass er sich von dem vernichtenden Urteil des gestrengen Akademie-Direktors nicht entmutigen ließ. Vielmehr nahm er als Autodidakt den Kampf um einen neuen Trend in der Malerei offensiv auf. In seiner ersten Periode bis zum Alter von etwa 35 Jahren suchte er die Nähe von Malern wie Christian Morgenstern, von denen er sich die Wiedergabe des unmittelbaren Landschafts-Eindruckes abschaute. Die Produkte aus dieser Zeit sind eher düster; es wirken die braunen Farben.
Schleich geht neue Wege
Etwa um das Jahr 1850 steckt sich Schleich neue Ziele und wird moderner. In seinen Werken dominieren nun wärmere, fast schon goldene Töne. Mit Spitzweg macht er sich auf die Reise zur berühmten Malerkolonie von Barbizon bei Paris und studiert danach die Niederländer, besonders den großen Peter Paul Rubens. Die Abkehr von der klassizistischen Auffassung einer monumentalen Landschaft, die nie der Wirklichkeit entsprach, ist vollzogen. Die Bilder werden breiter bis hin zum extremen Handtuch-Format. Der Autor drückt die Linie des Horizonts nach unten und lässt der Wirkung des Himmels freien Lauf. Auf dem Gemälde im Vilsbiburger Museum ist schön zu sehen, wie sich die Stimmung der Wolken auf die Landschaft überträgt. Schleich geht hier ein gutes Stück in die Moderne, kehrt der exakten Abbildung den Rücken und bringt damit zum Ausdruck: „Der Maler ist kein Chronist sondern jemand, der mit dem Pinsel spricht“. Er bereitet damit den Weg für Impressionisten und Expressionisten, die nach ihm kommen.
Schleich ist anerkannt
Viel zu kurz ist die dritte Schaffensperiode Schleichs etwa ab dem Jahr 1865. König Ludwig I. kauft eines seiner Hauptwerke „Das Isarbett bei München“ für seine Neue Pinakothek. Die Aufträge mehren sich und seine Werke entstehen nun in einer gut organisierten Werkstatt. Dabei ist er jedoch souverän genug, Kooperationen einzugehen. Da Menschen und Tiere nicht seine Stärke sind, lässt er die Staffage von Kollegen in seine Landschaften malen und steht auch in aller Offenheit dazu. Der Künstler wird zum Organisator der Ersten Internationalen Kunstausstellung in München, einem Ereignis vom Rang einer Biennale. Er wird Ehrenmitglied eben jener Akademie, die er 40 Jahre vorher mit wenig hoffnungsvollen Perspektiven verlassen hatte. Zahlreiche Auszeichnungen schmücken seine Brust. Als er um die Jahreswende 1873/74 einen hohen österreichischen Orden erhält und diese Ehrung in München feiert, ereilt ihn die damals heftig wütende Cholera und bereitet ihm einen zu frühen Tod.
Schleich lebt weiter, wenn es Menschen gibt, die es, wie Dr. Kronthaler, verstehen, ihm den gebührenden Platz in der Kunsthistorie zu geben. Er lebt weiter, wenn durch ein wohl verstandenes Mäzenatentum ein Stück seines Kunst-Verständnisses ein gut ausgestattetes Heimatmuseum noch attraktiver macht. Und er lebt weiter, wenn die Menschen in seiner alten Heimat bereit sind, sich für seine Geniestreiche zu interessieren und über das Bild „Bei München“ Zugang finden zu den Münchner Landschaftsmalern im Speziellen und der holden Kunst im Allgemeinen.