Nr. 16 Liebe im Schatten des Hakenkreuzes
139 Seiten,. zahlreiche Abbildungen, broschiert, ISBN 978-3-9816382-1-9
Die Wahl zwischen Exitus und Sterben
Erinnerungsbuch eines KZ-Häftlings, der bei einem Todesmarsch dabei war
Seine unmittelbare Zukunft stellte sich für Henry Neugebauer, als er vor genau 70 Jahren aus Buchenwald kommend in Seyboldsdorf eintraf, erschreckend ausweglos dar: „Ich dachte bei mir, dass ich keinen Schritt weiter gehen könne, da ich keine Kraft mehr hatte. Ich konnte mich nicht mehr auf den Füßen halten. Ich wusste, dass sie mich ohnehin erschießen würden, da ich nicht mehr gehen konnte. Das gleiche Risiko bestand, wenn ich versuchen würde, mich zu verstecken, aber dabei gab es wenigstens einen Hoffnungsschimmer – eine Erfolgschance und ich beschloss, dass ich mich hier verstecken müsse, auch wenn ich auf der Stelle tot umfallen müsse.“ Nachdem die kleine Gruppe von Häftlingen sich einige Tage im Heu verborgen hatte und ein Leidensgenosse entkräftet verstorben ist, spitzte sich die Situation plötzlich zu: „Am Morgen des 30. April kamen deutsche Soldaten auf Pferden im Hof an. Der Feldwebel rief vom Hof herauf: ,Ich weiß, dass ihr hier seid! Die Frau vom Bauernhof hatte ihm erzählt, dass wir uns oben in der Scheune versteckten. Er drohte, dass er mit der Mistgabel kommen und uns töten würde. Er kam die Treppen hoch. Wir waren starr vor Angst, dass er uns töten würde. Wir zwei standen auf, gingen nach draußen und standen vor ihm.“
Und doch muss diese beängstigende Situation eine unerwartete Wendung genommen haben. Sonst wäre Henry Neugebauer nicht in der Lage gewesen aufzuschreiben, was ihm im Land der Dichter und Denker alles widerfahren ist. Man kann einen Schutzengel vermuten, einen unglaublichen Zufall oder auch nur unverschämten Dusel. Ein besonderes Glück ist es aber auch, dass diese Niederschrift gelungen ist. Ein einzelnes Schicksal, hautnah erzählt, das noch dazu in der engeren Heimat erlebt wurde, sagt mehr über die Dramatik der damaligen Zeit aus als die abstrakte Zahl von rund 250.000 Menschen, die bei den Todesmärschen insgesamt umgekommen sein könnten. Wer möchte da Pfarrer Krinner widersprechen, als er am 13. Mai 1945 die Beobachtungen der gespenstischen Vorgänge im Seyboldsdorfer Kirchenbuch mit den Worten begann „Deutschland von Verbrechern regiert“?
Er wollte eigentlich nur friedlich leben dort im südlich Polen nicht weit vom Gnadenort Tschenstochau entfernt. Er wollte arbeiten, eine Familie gründen, die Zweisamkeit genießen. Doch ab dem Jahr 1939 stand die „Liebe im Schatten des Hakenkreuzes“, so auch der Titel des Buches. Henry Neugebauer ist Jude. So wurde er bereits im Alter von 13 Jahren mit dem Holocaust konfrontiert und musste den Tod seiner engsten Verwandten miterleben. Er durchlitt Ghettos und Konzentrationslager und stand schließlich in Seyboldsdorf vor der Entscheidung erschossen oder eine winzige Chance zu haben, nicht umgebracht zu werden.
Genau 70 Jahre ist dies nun her – in der Menschheitsgeschichte nur ein Wimpernschlag. Der Heimatverein hält es für wichtig, das von Sabine Löschner aus dem Englischen übersetzte Buch gerade jetzt vorzustellen. Ergänzt wird es durch einen Aufsatz von Florian Obermayer, der bereits für die Vilsbiburg Museumsschrift Nr. 10 einen umfangreichen Beitrag zum Thema Todesmärsche verfasst hat.
Preis: 14,80 EUR
Die Publikationen können nur an der Museumskasse oder beim Buchhandel erworben werden.